Schauspieler der italienischen Commedia dell’arte. Mit der Gemahlin Rosalia waren sie Mitglieder der Dresdner Hoftheatergesellschaft unter der Leitung von T. Ristori. 1736–40 wirkte del Fantasia als Impresario der italienischen Operngesellschaft im Brünner Stadttheater auf dem Oberen Markt.
Geschrieben auch Fantasia Filippo de. Schauspieler der italienischen Commedia dell’arte (Valerio) und Mitglied der Dresdner Hoftheatergesellschaft (Königliche Pohlnische und Chur-Sächsische Italiänische Hoff-Comoedianten) unter der Leitung von T. Ristori. Vor seiner Ankunft in Dresden trat dieses Ensemble auf dem Gebiet des heutigen Polen auf (Poznań 1715, Warschau 1715–18, Gastspiele bis 1731), 1721 trat er auf dem Schloss in Teplitz auf, wo Graf Franz Wenzel Clary-Aldringen (ab 1767 Fürst) den sächsischen Kurfürsten und polnischen König August II. zu Gast hatte, und 1723 in Prag, wo er am 16. 9. im Laufe der böhmischen Königskrönung von Kaiser Karl VI. und seiner Gattin Elisabeth Christine im Manhart´schen Haus in der Prager Altstadt unter anderem „eine Opera mit schönen Erscheinungen und lächerlich“ Das grosse steinerne Gastmahl aufführte, die erste bekannte professionelle Aufführung der Don-Juan-Geschichte in Prag.
F. nahm wahrscheinlich auch am Gastspiel der Gesellschaft in Moskau und in St. Petersburg teil, wo 1731–33 seine Frau Rosalia als Sängerin auftrat. Sie stammte aus Mantua und war eine talentierte Sängerin mit herausragenden schauspielerischen Fähigkeiten und literarischem Talent. In Russland wurde sie auch als Autorin von Texten zu Festkantaten bekannt. Sie war ebenso wie F. Mitglied der Dresdener Hofgesellschaft (in einer Commedia dell’arte spielte sie die Figur der Lucinda). In Prag trat sie später in der Operngesellschaft von Impresario A. Denzio auf (1733/34 Leontildo, Il più fedel fra vassali, L: F. Silvani; Giandina, Ermelinda; Asmodeo, Santa Maria Egizziaca (rappresentazione morale per musica) und Lesbino, Praga nascente da Libussa, e Primislao, L: A. Denzio). Nach dem Ende einer Staggione bei Denzio ging sie ans Sporck-Theater zu Impresario A. Mingotti nach Brno (1734/35), wo sie komische Rollen in Intermezzi spielte, zum Beispiel im Rahmen der Oper Arianna e Teseo (L: P. Pariati [?], M: N. Porpora [?]); sie sang auch in den Opern Didone (L: P. Metastasio, M: D. Sarri) und Orlando furioso (L: G. Braccioli, M: A. Vivaldi, D. Sarri).
F. verdiente in Brünn als Italienischlehrer seinen Lebensunterhalt, 1736 wird er in der (lateinischen) Korrespondenz mit dem deutschen Prinzipal F. Bentsch als „Lingvae Italinae Magister à Brinne“ tituliert (Havlíčková 2015). Nach Mingottis Weggang bot sich ihm 1736 die Gelegenheit, Impresario einer Brünner Operngesellschaft zu werden und im neuen Theater auf dem Obermarkt zu spielen, das der Brünner Magistrat in Zusammenarbeit mit Mingotti hatte errichten lassen. Der Beginn der unternehmerischen Tätigkeit gestaltete sich jedoch kompliziert, denn F. hatte sowohl dem ortsansässigen Prinzipal F. Kurz als auch seinem Konkurrenten F. Bentsch aus Breslau, der sich in Brno niederlassen wollte, eine Zusammenarbeit zugesagt. Vom Herbst des erwähnten Jahres ist nur ein gedrucktes Libretto der Oper anonyme Cambise Sacrilego erhalten geblieben. Im Herbst 1737 wurde der Opernbetrieb von A. Manfredi übernommen, und F. widmete sich damals offensichtlich schon dem Tabakhandel auf öffentlichen Plätzen, was Proteste der ordentlichen Händler hervorrief, des Weiteren beantragte er die Verleihung des Rechts, Schnaps zu brennen. Im Herbst 1738 übernahm F. erneut die Leitung einer Operngesellschaft und führte die Opern Elisa (Herbst 1738, M: A. Costantini), Penelope la casta (Karneval 1739, M: G. Porta), Constantino riconosciuto (Karneval 1739, L: F., M: Costantini), Vincislao (Herbst 1739, L: A. Zeno, M: M. Luchini) sowie Cleonice e Demetrio (Karneval 1740, L: Metastasio, M: M. Luchini) auf. In dem Antrag an das Gubernium teilte er am 30. 8. 1740 mit, er werde keine italienischen Opern mehr spielen, sondern Schauspiele und „neue Burlesken“ aufführen, für die er angeblich über zehn herausragende Schauspieler und einen ganz besonderen Hanswurst verfüge. Noch im Herbst 1740 wurde jedoch die Oper Alessandro Severo (L: A. Zeno, M: M. Luchini) aufgeführt. F.s letzter Antrag auf Genehmigung von Produktionen ist mit dem 2. Mai 1741 datiert, nach dem Ende der Staatstrauer, die ab dem 20. 10. 1740 für den verstorbenen Kaiser Karl VI. angeordnet worden war. Weitere Berichte über seine Tätigkeit sind nicht bekannt.
Die Operngesellschaft stellte F. in Brno aus den verbliebenen Mitgliedern von Mingottis Ensemble zusammen (z. B. Giacinta Costantini geb. Spinola, die Frau des Komponisten A. Costantini, der bereits in Prag Opern für A. Denzio komponiert hatte und der später in Mähren tätig war, und der Sänger und Komponist M. Luchini). Die übrigen Sänger wurden neu engagiert, so wie z. B. die famose Altistin Giovanna della Stella, die spätere Frau von Impresario G. B. Locatelli. F.s literarische Aktivitäten belegen Libretti für das Schlosstheater von Johann Adam Graf Questenberg in Jaroměřice nad Rokytnou (z. B. Il delizioso ritiro scielto da Lucullo console Romano, M: I. Conti, 1738).
Quellen
MZA: B 1, Sign. B 47, Kart. 72: Ansuchen beim Gubernium um Spielbewilligungen; Biblioteca Nazionale Braidense, Milano: Costantino riconosciuto, Brünn 1739 (Sartori, Meyer 2/XI, S. 41). Andere Libretti in Sehnal 1960, S. 30f., 106–107, 160f., Kneidl, Spáčilová 2006.
Literatur
Nachricht von Brünner Theater, Theatral-Neuigkeiten (Wien) 1773, S. 207– 208; D’Elvert 1852, S. 193; F. A. ô Byrn: Giovanna Casanova und die Comici italiani am polnisch-sächsischen Hofe, Neues Archiv für Sächsische Geschichte und Alterthumskunde (Dresden) 1,1880, S. 289–314; Teuber I 1883, S. 143; J. Leisching: Die Vorläufer des ständigen Schauspiels in Brünn,Zeitschrift des Vereins für die Geschichte Mährens und Schlesiens (Brünn) 5, 1901, S. 252; C. R. Mengelberg:Giovanni Alberto Ristori, Leipzig 1916; V. Helfert: Barokní zpracování pověsti o Libuši a Přemyslovi, in Mélanges P. M. Haškovec, Brno 1936, S. 158f. + Hudba na jaroměřickém zámku, Brno 1925, S. 357–359; R.-A. Mooser: Annales de la musique et des musiciens en Russie au XVIIIe siècle I, Genève 1948, S. 62f. + Opéras, intermezzos, ballets, cantates, oratorios joués en Russie durant le XVIIIe siècle, Genève–Monaco 1955, S. 52; K. Wierzbicka-Michalska: Teatr Warszawski za Sasów, Wrocław 1964, S. 17, 42–43 + Aktorzy cudzoziemscy w Warszawie w XVIII wieku, Wrocław–Warszawa–Kraków–Gdańsk 1975, S. 18; B. Król-Kaczorowska: U dworu…, Pamiętnik teatralny (Warszawa) 14, 1965, S. 45; A. Ryszkiewicz: W warszawskim teatrze nadwornym (1716), ebd., S. 20–21; Sehnal 1974, S. 64–65; M. Skalická: Die Sänger der italienischen Oper in Prag 1724–1735, De musica disputationes Pragenses, hg. v. R. Smetana, Bd. 2, Praha 1974, S. 160; J. Bužga: Moskauer Gastspiel Dresdner Musiker und Schauspieler im Jahre 1731, Beiträge zur Musikwissenschaft (Weimar) 26, 1984, Heft 2, S. 129–139; T. Volek: Význam pražské operní tradice pro vznik Dona Giovanniho a Tita,Mozartovy opery pro Prahu, hg. v. V. Ptáčková, Praha 1991, S. 26–27; Freeman 1992, S. 61, 90–91, 299, 315; Batchvarova 1994, S. 104; A. Scherl: Vliv italských hercû 16.–18. stol. na vývoj divadla v českých zemích, DR 6, 1995, Nr. 4, S. 33–34 + Berufstheater in Prag 1680–1739, Wien 1999, S. 87–88; J. Spáčilová: Současný stav libret italské opery na Moravě v 1. polovině 18. století [online]. [cit. 21. 9. 2015]. URL: http://acta.musicologica.cz/06-02/0602s06.html + Sarriho opera Didone v Brně (1734) a její rekonstrukce pro novodobé provedení (2014), Opus musicum (Brno) 46, 2014, č. 1, s. 18–30; G. Havlíčková: Konkurenční boj o městské operní divadlo v Brně 1736, DR 26, 2015, č. 2, s. 10–13, 21.
DBI, DEUM, Dlabacž (Rosalia F.), Grove O
DČD I; Meyer; Sartori; Sehnal 1960; Verti
Bildung: 2015