Sontag, Franziska

Franziska
Sontag
2. 1. 1787/1789
Heddernheim (heute Frankfurt a. M.)
10. 4. 1865
Dresden
Schauspielerin

Als Schauspielerin begann sie am Theater in Mainz. 1807 engagiert in Straßburg, 1812 – 1814 am Hoftheater in Darmstadt. 1815 -1823 und 1835 – 1837 engagiert am Ständetheater in Prag für das Rollenfach Heroinnen (Marie Stuart im gleichnamigen Drama von Schiller). Mit ihrem Mann, dem Sänger Franc Sontag (1783 – 1819), hatte sie drei Kinder, den Sohn Karl Sontag (Schauspieler, 1828 – 1900), die Schauspielerin Nina Sontag und die talentierte Opernsängerin Henriette Sontag (1806 – 1854).

Schreibung auch Sonntag. Stammte aus der Familie eines fürstlichen Beamten in Heddernheim, Geburtsname Markloff, mitunter wird auch Martloff angegeben. Mutter der bekannten Sängerin Henriette S. (1806–1854), der Schauspielerin Nina S. wie auch eines Sohnes, Karl S. Ihre schauspielerische Laufbahn begann an einem Mainzer Amateurtheater, wo sie ihren späteren Gatten, den Sänger Franz Sontag (1783–1819, Heirat 1803 in  Koblenz), kennenlernte. Spätestens ab 1807 war sie als Schauspielerin in Straßburg und 1812–1814 am Hoftheater  Darmstadt engagiert, wo sie A. W. Iffland begegnete. 1811 gastierte sie in Mannheim, wo ihr Ehemann als Bassbuffo engagiert war. Eine von Iffland angebotene Auftrittsmöglichkeit in Berlin kam nicht zustande, daher nahm S. 1815 ein Engagement bei dem Theaterdirektor Johann Carl Liebich am Prager Ständetheater an und wirkte dort im Fach der tragischen Liebhaberin und Heldin. In Prag blieb sie als äußerst erfolgreiche Schauspielerin bis Ostern 1823. Ihre Tochter Henriette studierte in dieser Zeit (ab 1817) am Prager Konservatorium Gesang, debütierte 1819 am Ständetheater und begann daraufhin ein Engagement zu suchen. Die Mutter begleitete sie 1822 zu einem Gastauftritt am Theater an der Wien und war auch in den folgenden Jahren vor allem damit beschäftigt, eine passende Stelle für ihre überdurchschnittlich begabte Tochter zu finden. Sie begleitete sie auf Reisen (1823 abermals ans Theater an der Wien, 1824 nach Graz und 1825 nach Leipzig, wo sie selbst in  Schillers Drama Maria Stuart gastierte). In der zwischen den Reisen verbleibenden Zeit trat Franziska S. in Prag in fünf Gastrollen auf (u. a. als Elsbeth in Holbeins Die drey Wahrzeichen). Als Henriette (1825) ein Engagement am Berliner Königstädtischen Theater antrat, siedelte die ganze Familie nach Berlin über. Erst nachdem Henriette 1828 zur italienischen Oper nach Paris gegangen war, konzentrierte sich Franziska S. wieder mehr auf ihre eigene Karriere und nahm ein Engagement in Aachen an. 1832 gastierte sie in der Rolle der Antonina (E. Schenk: Belisar) erneut am Prager Ständetheater. Weitere Gastauftritte in Prag (1835) mündeten in ein kurzes, von Herbst 1835 bis Frühjahr 1837 währendes Engagement unter dem damaligen Theaterdirektor J. A. Stöger. Henriette heiratete den italienischen Adligen und Diplomaten C. Rossi, wurde in den Adelsstand erhoben und beendete 1831 ihre künstlerische Laufbahn. In Anbetracht dieser Umstände sah sich auch Franziska S. gezwungen, auf eine weitere Theaterkarriere zu verzichten. Sie siedelte dauerhaft nach Dresden über, wo sie 1865 starb.

Talent bewiesS. vor allem in Heldinnenrollen des klassischen Repertoires. Für ihre Darstellung der Maria Stuart wurde sie vom Prager Theaterdirektor Johann Carl Liebich mit einem Kranz geehrt, Liebich erklärte, sie sei die erste Schauspielerin, die diese Rolle ganz nach seinen Vorstellungen verkörpert habe. Sie war von attraktivem Äußeren, vermochte laut Aussagen ihrer Zeitgenossen ein positives Lebensgefühl zu verbreiten und gewann schnell die Gunst des Prager Publikums. Als Schauspielerin verfügte sie über eine ausdrucksstarke Mimik und eine klangvolle, modulationsfähige Stimme. Sie gehörte zu den begabtesten Schauspielerinnen ihrer Zeit, konnte sich tief in ihre Figuren einfühlen und dies überzeugend vermitteln. Ihre Rollen erarbeitete sie mit vorbildlichem Fleiß. Im Rahmen ihres zweiten Prager Engagements (1835) wurde S. im Mütterfach beschäftigt, hierbei zeigte sich jedoch, dass sie nicht imstande war, die Grenzen ihres früheren Fachs – der Heldinnenrollen – zu überschreiten. In dem von bürgerlichen Dramen geprägten Repertoire der dreißiger Jahre war ihr kein Erfolg mehr beschieden.

Auch S. jüngster, als Nachzügler geborener Sohn Karl (1828–1900) betätigte sich schauspielerisch (er debütierte 1848 am Dresdner Hoftheater) und verfasste (unter dem Pseudonym Karl Holm) Dramen. Ihre Tochter Anna (Nina, 1811–1879), eine vielversprechende Sängerin und Schauspielerin, trat ab 1820 am Prager Ständetheater in Kinderrollen auf. Bereits als Zwölfjährige gastierte sie (als Johanna in Kotzebues Die Erbschaft) am Wiener Burgtheater und war später in Aachen, Magdeburg und Kassel engagiert. In den vierziger Jahren trat sie auf eigenen Entschluss in das Kloster der Unbeschuhten Karmelitinnen in Prag-Hradčany ein. Die dortige harte Lebensweise schadete jedoch ihrer Gesundheit, sodass sie 1845 zu ihrer Mutter zurückkehrte und als Schwester Juliana in ein Frauenzisterzienserkloster im Lausitzer Marienthal eintrat, wo sie bis zu ihrem Tode blieb.

Rollen

'Am Prager Ständtheater, '1815: Maria Stuart (Schiller: Maria Stuart, 4. 2., auch 1825 in Leipzig), die Fürstin (Iffland: Elise Valberg, 6. 4.), Rosamunde Clifford (Körner: Rosamunde Clifford, 9. 4.), Sophie (Iffland: Die Aussteuer, 15. 4.), Elise (C. W. Contessa: Das Rätsel, 9. 5.). – 1816: Bibiana (Cuno: Die Räuber auf Maria Culm). – 1817: Rolle? (Autor?: Marchese Bragadino, Wohltätigkeitsvorstellung, 12. 6.). – 1818:  Margarethe Maultasche (A. Anton: Margarethe Maultasche – Wohltätigkeitsvorstellung, 20. 5.). – 1820: Johanna von Montfaucon (Kotzebue: Johanna von Montfaucon), Johanna d´Arc (Schiller: Die Jungfrau von Orleans)Donna Diana (Moreto: Donna Diana), Sappho (Grillparzer: Sappho), Eulalia (Spricksmann: Eulalia). – 1821: Elvira (J. Ch. Bock nach D. Mallet: Elvire), Gräfin Orsina (Lessing: Emilia Galotti). – 1822: Elisabeth [?] (Schiller: Don Karlos). – 1825: Elsbeth a. G. (Holbein: Die drey Wahrzeichen). – 1832: Antonina a. G. (Schenk: Belisar, 15. 10.). – 1835: Amelie a. G. (Kotzebue: Die Unvermählte), die Mutter (Kotzebue: Die silberne Hochzeit, 14. 9.), Witwe Brunning (Raupach: Der Müller und sein Kind, 26. 9.), Gräfin Aiglemont (Castelli nach der franz. Vorlage: Die Folgen einer Mißheirat, 8. 11.), Doyka (U. Horn: Horimjr, 18. 11.).

Dresden, 1827: Lady Milford a. G. (Schiller: Kabale und Liebe, 30. 4.).

Quellen

Geburtsurkunde von Henriette S. (Faksimiledruck von H. Stümke, siehe Lit.). – PNP-LA: f. Henriette Sontag.

Periodika

Almanach fürs Theater 2Hrsg. A. W. Iffland, Berlin 1808S. 240. – W. Lembert: Taschenbuch für Schauspieler und Schauspielfreunde für das Jahr 1816, S. 205–209; 1817, S. 468–475; 1821, S. 292–300; 1822, S. 285–289; 1823, S. 302–308. – Allgemeiner deutscher Theater-Almanach, Hrsg. A. Klingemann, Braunschweig 1822, S. 452Almanach fürs Aachener Stadttheater auf das Jahr 1829, Aachen 1828. – Theater-Journal der ständischen Bühne der königlichen Altstadt Prag auf das Jahr 1838, S. 8. – Almanach des königl. ständ. Theaters zu Prag, Prag 1845, S. 51. – Deutscher Bühnen-Almanach 30, Berlin 1866, Hrsg. A. EntschS. 168-177 (Nachruf).

Literatur

C. Sontag: Vom Nachtwächter zum türkischen Kaiser, Hannover 1875O. Teuber: Geschichte des Prager Theaters III, Prag 1888, S. 8, 14–15, 17, 50–51, 54–55, 74–77, 80, 90–91, 95–96, 100, 218; H. Stümcke: Henriette Sontag, Berlin 1913M. v. Alth: Burgtheater 1776–1976, S. 109 (Nina S.); O. Fambach: Das Repertorium des Stadttheaters zu Leipzig 1817–1828, Bonn 1980, S. 240; O. Fambach: Das Repertorium des königlichen Theaters und der italienischen Oper zu Dresden 1814–1832, Bonn 1985, S. 389–390.

Eisenberg, Kutsch, Ulrich

Autor: Scherl, Adolf