Sonnleithner, Franz

Franz
Sonnleithner
um 1825
nach 1872
Theaterdirektor, Schauspieler, Opernsänger

Er begann als Tenorist bei großen Theatergesellschaften, die Opernproduktionen anboten. Am Ende der sechziger Jahre machte er sich selbstständig und gründete eine eigene Theatergesellschaft. Theaterdirektor war er nur sechs Saisons lang, er verstand es nicht, das Unternehmen künstlerisch und finanziell zu leiten.  

Die älteste Notiz über S. stammt aus der Saison 1843/44, wo er in Brünn im Opernensemble von Theaterdirektor J. Glöggl als Sänger in Nebenrollen und im Chor wirkte. In den folgenden Jahren trat er als Operettensänger auf – als Tenor in den Stadttheatern der österreichischen Monarchie und in Deutschland, z. B. 1846/47 in Wien, 1847/48 in Temeswar, 1853/54 in Würzburg, 1856/57 in Klagenfurt und 1858/59 in Salzburg. Er kehrte auch nach Mähren zurück, 1849/50 war er erster Tenor bei Theaterdirektor F. Blum in Olmütz, 1856/57 trat er in Brünn auf, und an der Wende der 5-er und 60-er Jahre war er wieder in Olmütz engagiert, diesmal bei Theaterdirektor C. Haag. Als er als erster Tenorist am Theater in Magdeburg wirkte, stellte er einen Antrag auf Anmietung des Stadttheaters in Maribor. Dies wurde dann in der Saison 1866/67 an ihn vermietet.

Theaterunternehmer und Direktor blieb S. auch in den nächsten Jahren. In seinen Ensembles hatte er neben der Position des Theaterdirektors auch den Posten des Kassenwarts inne. Im Unterschied zu anderen Direktoren beteiligte er sich jedoch nicht an der Regie und kehrte nur in Opern auf die Bühne zurück. In der Saison 1867/68 hatte er das Theater in Wiener Neustadt in Niederösterreich angemietet. Am Ostermontag, dem 13. April 1868, eröffnete er die Sommersaison in Teplitz und mietete hier im Winter das hiesige Schlosstheater an. Für die darauffolgende Saison bewarb er sich um die Anmietung des Theaters in Cheb, schließlich wurde ihm aber die Leitung des deutschen Theaters in Pilsen anvertraut, wo ein neues Theatergebäude eröffnet wurde. Nach Pilsen kam S. mit einem neu zusammengestellten Ensemble. Neu war auch seine Zusammenarbeit mit dem Oberregisseur des Ensembles F. Krosseck und J. Cihlář, dem Kapellmeister des 26. Infanterieregiments in Pilsen. Großen Erfolg hatten alle drei einstudierten Opernvorstellungen, in denen S. auch mitwirkte, Rossinis Der Barbier von Sevilla, Donizettis Regimentstochter und Martha von Flotow. Das Repertoire der Gesellschaft war jedoch überwiegend auf Lustspiele und Possen (J. N. Nestroy, F. Raimund, O. F. Berg, F. Hopp, E. Raupach) und kurze Operetten (J. Offenbach, F. Suppé) ausgerichtet, man führte auch klassische Stücke auf, z. B. Shakespeares Othello und Viel Lärm um nichts, Schillers Tragödien Kabale und Liebe und Die Räuber sowie die Stücke von Goethe GeschwisterEgmont und Faust. Die gesamte Saison über wurde S.s Gesellschaft von den hiesigen Rezensenten genauestens beobachtet. Aus ihren Berichten geht eine gewisse Unausgewogenheit hervor, erfolgreiche Vorstellungen wechselten sich mit Durchfallern ab. Kritisiert wurden vor allem die schauspielerischen Leistungen, nicht ausreichend einstudierte Rollen, aber auch die Auswahl des Schauspiel- und Operettenrepertoires. Das Hauptproblem bestand offensichtlich darin, dass es sich um ein neu zusammengestelltes Ensemble handelte, für das man ein passendes Repertoire finden musste, darüber hinaus verlangte der damalige Theaterbetrieb viele Neuheiten.

Ende April 1870 kehrte S. nach Teplitz zurück, wo er jedoch bereits zum 1. August seine Theatergesellschaft auflöste. In den folgenden zwei Saisons 1870/71 und 1871/72 hatte er das Theater in Znaim und die Sommerbühne in Raab angemietet, doch waren diese Stationen nicht von Erfolg gekrönt. So wie in Pilsen stellte S. ein neues Ensemble zusammen, dessen Produktionen jedoch von der Qualität her stark schwankten. Wieder stellte er ein großes Ensemble mit hohen finanziellen Verbindlichkeiten zusammen, denen er auf der Provinzbühne nicht nachkommen konnte. Im Frühjahr 1872 verließ er die Gesellschaft und überließ sie ihrem Schicksal. Im selben Frühjahr bemühte er sich um die Anmietung der Stadttheater in Olmütz, Jihlava und Opava. Danach verliert sich seine Spur.

Als Operettensänger war S. am Beginn seiner Karriere erfolgreich, er hatte Engagements bei damals bedeutenden Theatergesellschaften. Als Theaterdirektor und Unternehmer hatte er jedoch keinen Erfolg. Er hatte ein gutes Auftreten, mit dem er Stadträte und Gläubiger für sich einzunehmen wusste, ihm fehlten jedoch Erfahrungen mit der Leitung eines Theaterensembles. Er stellte überdimensionierte Gesellschaften mit einem bis zu dreißigköpfigen Ensemble und zahlreichem technischen Personal zusammen, so wie er es von seiner früheren Karriere eines Opernsängers gewohnt war, solche Kolosse eigneten sich jedoch nicht für den Betrieb von Provinzbühnen, die er anmietete.

 

Stationen der Gesellschaft von Franz Sonnleithner

1866/67 Marburg an der Drau, 1867/68 Wiener Neustadt, 1868/69 Teplice (Teplitz), 1869/70 Plzeň (Pilsen), 1870 Teplice (Teplitz), 1870/71 Znojmo (Znaim), 1871/72 Znojmo, Györ.

Rollen

Albert (J. F. E. Halévy, Libr. E. Scribe: Die Jüdin), Ismael (G. Verdi, Libr. T. Solera: Nabucco) – 1849; Masaniell (D. F. E. Auber, Libr. E. Scribe, G. Delavigne: Die Stumme von Portici) – 1853; Max (C. M. Weber, Libr. J. F. Kind: Der Freischütz) – 1859; Manrico (G. Verdi, Libr. S. Cammarano, L. E. Bardare: Der Troubadour), Georges (F. A. Boieldieu, Libr. E. Scribe: Die weiße Dame) – 1860; Graf Almaviva (G. Rossini, Libr. C. Sterbini: Der Barbier von Sevilla) – 1870; Lyonel (F. Flotow, Libr. F. W. Riese: Martha) – 1870.

Quellen

Universitätsbibliothek Würzburg: Würzburger Theaterzettel, CC BY-NC-SA-4.0 (Theaterzettel aus dem Jahre 1853). [online, zit. 16. 11. 2020], URL: https://vb2.uni-wuerzburg.de/solr/theaterzettel/browse?fq=persons_facet_ss%3A%22Delavigne%2C+Casimir%22

Literatur

Moravia. Ein Blatt zur Unterhaltung, zur Kunde des Vaterlandes, des gesellschaftlichen und industriellen Fortschrittes (Brünn) 24. 4. 1843; Wiener allgemeine Musik-Zeitung 5. 10. 1847; Brünner Zeitung 29. 4. 1856, 7. 3. 1872; Augsburger Anzeigeblatt 24. 3. 1862; Deutscher Bühnen Almanach, Berlin 1860, S. 313, 1868, S. 336–337, 1869, S. 319–320, 1872, S. 350–351; Teplitz-Schönauer Anzeiger 11. 4. 1868, 14. 4. 1868, 30. 4. 1870, 23. 7. 1870, 15. 4. 1871, 17. 3. 1872; Egerer Zeitung 18. 3. 1869; Pilsner Zeitung 15. 5. 1869, 24. 11. 1869, 9. 4. 1870, 14. 5. 1870; Die Neue Zeit: Olmützer politische Zeitung 15. 3. 1872; Znaimer Wochenblatt 26. 8. 1871 (Notiz über den Tod von S.s acht Wochen alten Tochter Olga); E. Meliš: Průvodce hudební [Musikführer], Praha 1869; J. Hilmera: Činnost německých divadelních společností v českých provinciích 19. století [Die Tätigkeit der deutschen Theatergesellschaften in den böhmischen Provinzen des 19 Jahrhunderts], Praha 2006, DÚk; M. Havlíčková – S. Pracná – J. Štefanides: Německojazyčné divadlo na Moravě a ve Slezsku [Das deutschsprachige Theater in Mähren und in Schlesien] 2/3, Olomouc 2013, 165; M. Hrdinová: Deutsches Theater in Pilsen. Geschichte des deutschen Theaters in Pilsen in den Jahren 1869–1875, Dissertation, FF MU Brno 2016, S. 27–51.

Ulrich


Bildung: 2020

Autor: Lukáš, Miroslav