Heinrich
Skriwanek
8. 7. 1842
Brno (CZ)
8. 10. 1903
Ollersbach (A)
Theaterdirektor, Sänger, Schauspieler

Ein geschätzter Sänger und Schauspieler komischer Rollen, auch ein talentierter Unternehmer. Mit zwanzig Jahren gründete er eine kleine Gesangsgesellschaft, mit der er durch Österreich-Ungarn reiste. Diese Erfahrungen nutzte er dann bei der Leitung großer Ensembles in den Stadttheatern in St. Pölten, Krems und Linz. Er kehrte regelmäßig nach Mähren und Schlesien zurück, wo er früher als Schauspieler gewirkt hatte.

Geschrieben auch Krziwanek, Sohn eines Doktors der Rechte. Schon als Sechzehnjähriger wirkte er im Theater in St. Pölten als Sänger, später sang und spielte er auf verschiedenen Bühnen z. B. in München oder in Klagenfurt. An der Wende der 60-er und der 70-er Jahre reiste er zusammen mit einer sechsköpfigen Gesellschaft durch Städte der österreichischen Monarchie (z. B. Wien, Graz, Klagenfurt, Villach, Marburg an der Drau) und veranstaltete Gesangsabende bestehend aus kleinen Gesangsszenen, wobei er sich auf den Zetteln dazu als Künstler aus Wien ankündigte. Im Jahre 1870 besuchte er mit seinem Programm auch Brünn, Olmütz und Troppau (Opava). 1876 trat er ein Engagement bei Theaterdirektor F. Jauner an, der das Wiener Carltheater gepachtet hatte, dort blieb er drei Saisons lang. In der Saison 1880/81 war er bei Direktor E. Raul in Olmütz und Karlsbad engagiert, neben dem Rollenfach singender Komiker führte er auch bei Possen Regie. In den darauffolgenden zwei Jahren wirkte er in Linz und in Baden bei Wien, im Oktober 1883 ging er ans Brünner Stadttheater zu A. Franckel, in der folgenden Saison war er am Stadttheater in Salzburg engagiert. Im Herbst kam er nach Troppau, Direktor E. Westen jedoch kündigte gegen Ende der Saison mehreren Mitgliedern der Gesellschaft vorzeitig den Vertrag, darunter war auch S. Aus den entlassenen Schauspielern stellte S. eine Theatergesellschaft zusammen, die er um Mitglieder des Olmützer Theaters ergänzte, und er begab sich auf Tournee durch Mähren und Schlesien. Mit einem Repertoire von zwölf Stücken spielte dieses Ensemble in Krnov, Vítkovice, Nový Jičín, Prostějov oder Šternberk. In der Saison 1888/89 konnte S. das Stadttheater in St. Pölten und in Krems pachten, wo er zwei Jahre blieb. Nach den Hauptwintersaisons kehrte er nach Mähren bzw. in den Bezirk Olmütz zurück. Ab Herbst 1891 wirkte er die folgenden sechs Saisons am Stadttheater in Linz, wo er ein Schauspiel-, Operetten- und Opernrepertoire anbot. Im Laufe dieser Zeit versuchte er mehrmals vergeblich, das Stadttheater in Troppau zu pachten. Nach seinem Weggang aus Linz kaufte er sich im Frühjahr 1897 ein kleines Landgut in Ollersbach in der Nähe von St. Pölten, wo er sich niederließ und der Landwirtschaft widmete. In der Saison 1900/01 wurde er wieder Theaterdirektor und übernahm die Leitung des neu errichteten Stadttheaters für 600 Zuschauer in Znojmo. Er blieb bis zum Frühjahr 1901, seine weitere Tätigkeit ist nicht bekannt. Am 24. Oktober 1903 sollte er die Theatersaison am Stadttheater in Bozen eröffnen, doch am 8. Oktober d. J. starb er an einem Schlaganfall.

S. verfügte zweifellos über ein künstlerisches und unternehmerisches Talent. Er war Mitglied erfolgreicher Theatergesellschaften. Schon als zwanzigjähriger junger Mann gründete er eine kleine fahrende Theatergesellschaft, später leitete er erfolgreich städtische Bühnen, zum Beispiel das Theater in Linz. Schauspielerisch orientierte er sich schrittweise von Rollen des Gesangsrepertoires zu einem Schauspielkomiker um. Er spielte auch Rollen, die die Tschechen lächerlich machten, z. B. den Wenzel Pawlitschek in Zapperts Stück Ein Böhm in Amerika. Für seine schauspielerischen Leistungen wurde er von Theaterrezensenten oft gelobt. Als S.s Bruder wurde oft der Schauspieler und Theaterdirektor Friedrich S. bezeichnet, und obwohl es wahrscheinlich ist, kann diese Behauptung nicht mit Quellen belegt werden.

Seine Frau Leopoldine (gest. 1928 in Linz) war Mitglied von S.s kleinerem Gesangsensemble. Danach wirkten sie zusammen auch in anderen Engagements, wo sie überwiegend sang und später Mütterrollen spielte. Als sich S. als Theaterunternehmer selbstständig machte, kümmerte er sich auch um die Kasse seiner Gesellschaft. Nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes übernahm sie die Leitung der Gesellschaft, kehrte in der nächsten Saison nach Linz zurück, löste jedoch anschließend das Ensemble auf und eröffnete aus dem Verlauf von Schmuck und anderen Wertsachen in Linz eine Weinhandlung mit Tiroler Wein. Während des Ersten Weltkrieges, als es verboten war, Wein zu verkaufen, ging ihr Geschäft bankrott.

Rollen

Cyprian Stangl (T. Flamm: Die Rekrutierung in Krähwinkel), Schluder (Musik A. Conradi, Libr. E. Jakobson: Beckerʼs Geschichte), Cyprian Stangl (E. Jakobson: Die Rekrutirung in Krähwinkel), Hackauf (J. N. Nestroy: Der böse Geist Lumpacivagabundus oder Das liederliche Kleeblatt) – 1875; Coctale (Musik J. Offenbach, Libr. H. Cremieux – E. Blum, Überarb. C. Treumann: Schönröschen), Ein Wirth (Musik Ch. Lecocq, Libr. L. F. Clairville – P. Siraudin, Überarb. A. Langer: Angot die Tochter der Halle), Gevatter (Musik Ch. Lecocq, Libr. A. Vanloo – E. Leterrier: Giroflé-Girofla) – 1876; Jochem Nüssler (F. Reuter: Onkel Bräsig), Paul (A. Langer: Vom Juristentage), Zipfel (O. F. Berg: Die Pfarrerköchin), Herr Schmidt (A. LʼArronge: Mein Leopold) – 1877; Johann (G. Moser, W. Drost: Eine kranke Familie) – 1883; Dr. Schallmeyer (P. Lindau: Ein Erfolg), Jean (R. Kneifel: Die Kuckucks) – 1884; Consul Eduard Gundermann (O. Blumenthal: Die Grosse Glocke), Conte Carnero (Musik J. Strauss, Libr. I. Schnitzer: Der Zigeunerbaron) – 1886; Anton Muffl (J. N. Nestroy: Frühere Verhältnisse) – 1888; Wenzel Pawlitschek (B. Zappert: Ein Böhm in Amerika), Dworzak (O. F. Berg: Ein Stündchen im Comptoir), Ulrich Groller (F. Schönthan: Roderich Heller), Graf von Pernwald (F. Schönthan: Cornelius Voss), Eine Magistratsperson (F. Schiller: Die Räuber) – 1889.

Stationen der Gesellschaft von Heinrich Skriwanek

1887 Krnov (Jägerndorf), Nový Jičín (Neutitschein), Prostějov (Prossnitz), Vítkovice (Witkowitz), Bruntál (Freundenthal), 1887/88 Moravská Ostrava (Mährisch Ostrau), Prostějov, 1888/89 Sankt Pölten, 1889 Šumperk (Mährisch Schönberg), Šternberk (Sternberg), Prostějov, 1889/90 Sankt Pölten, Krems, 1890/91 Krems, 1891/92 bis 1896/97 Linz, 1900/01 Znojmo (Znaim).

Quellen

Österreich, Niederösterreich (Westen): Rk. Diözese St. Pölten, Ollersbach, Sterbebuch 03/07, 1877–1938, (Ableben von Heinrich Skriwanek), [online, zit. 10.5.2021], URL: https://data.matricula-online.eu/cs/oesterreich/st-poelten/ollersbach/03%252F07/?pg=129

Österreich, Oberösterreich: Rk. Diözese Linz - Dompfarre (auch Sterbefälle bei Barmherzige Brüder), Sterbefälle 1928, (Ableben von Leopoldine Skriwanek), [online, zit. 10.5.2021], URL: https://data.matricula-online.eu/cs/oesterreich/oberoesterreich/linz-dompfarre-auch-sterbefaelle-bei-barmherzige-b/306%252F1928/?pg=19

SOkA Bruntál mit Sitz in Krnov: Fonds Kreisamt Bruntál, Kart. 148, Inv.-Nr. 517, Sign. J (Antrag der Gesellschaft von Heinrich Skriwanek).

Literatur

Tagespost (Graz) 28. 3. 1869; Kais. Königl. Schlesische Troppauer-Zeitung 16. 5. 1870; Süddeutsche Post (München) 16. 7. 1871; Deutscher Bühnen-Almanach (Berlin) 1876, S. 339, 1877, S. 329, 1878, S. 307, 1883, S. 16, 1889, S. 478, 1890, S. 505, 1891, S. 302, 1892, S. 377, 378, 1893, S. 211; Mährisch-schlesischer Correspondent (Brünn) 11. 9. 1880, 5. 6. 1884, 19. 6. 1889; Brünner Zeitung 8. 10. 1883, Die Presse (Wien) 31. 3. 1887; Mährisches Tagblatt (Brno) 4. 4. 1887; Kremser Volksblatt 27. 7. 1889 (S. wird als Bruder des Theaterdirektors Friedrich Skriwanek bezeichnet); St. Pöltner Bote 10. 10. , 21. 3. , 14. 4. 1889; Der Humorist (Wien) 1. 11. 1891; Troppauer Zeitung 13. 2. 1892, 27. 1. 1893, 27. 2. 1894, Neuer Theater-Almanach (Berlin) 1893, S. 379–380, 1894, S. 436–437, 1895, S. 432–433, 1896, S. 414, 1897, S. 577; Znaimer Tagblatt 21. 9. , 3. 10. 1900; Österreichische Alpenpost (Innsbruck-Wilten) 10. 10. 1903; Linzer Volksblatt 29. 3. 1928 (Nachruf Leopoldine Skriwanek); M. Havlíčková – S. Pracná – J. Štefanides: Německojazyčné divadlo na Moravě a ve Slezsku 3/3 [Das deutschsprachige Theater in Mähren und Schlesien 3/3], Olomouc 2013, S. 131, 144, 164, 177, 241, 244.

Ulrich, Koch Th


Bildung: 2021

Autor: Lukáš, Miroslav