Manetinsky, Johann

Johann
Manetinsky
16. 2. 1780
Prag
nach 1850
Schauspieler, Sänger

Sein ursprünglicher Beruf ist nicht bekannt. Ab 1807 wirkte er am Ständetheater als Sänger (Bassist) in kleineren Rollen, wahrscheinlich spielte er auch Schauspielrollen und trat in tschechischen Vorstellungen auf. 1814 ging er ans Theater in Brünn, das von Friedrich Joseph Korntheuer geleitet wurde. 1816 war er am deutschen Theater in Pest engagiert, wo er wieder als Sänger und Schauspieler auftrat (seine schauspielerische Leistung wurde kritisiert). Seine Tochter Anna Manetinsky, verheiratete Kolárová (1817 – 1882), war eine führende Schauspielerin des deutschen und des tschechischen Ensembles des Ständetheaters.

Geschrieben auch Jan Manetínský, Manetinský, Mannetinsky (in der Geburtenmatrikel). Über seine Familie und seine Ausbildung ist nichts bekannt. Als Sänger (Bassist) und Schauspieler erschien er während Johann Carl Liebichs Direktion am Ständetheater in Prag, wo er am 11. August 1807 in der Rolle des Selicour im Schauspiel Wirrwarr von K. M. Klinger debütierte. Er trat einem fast neuen Ensemble bei, dem in jenem Jahr insgesamt 11 männliche Mitglieder angehörten, die für Gesangs- und Schauspielrollen bestimmt waren. Laut Teuber beherrschte M. tschechisch und konnte in deutschen und tschechischen Vorstellungen auftreten, doch bisher ist keiner seiner tschechischen Auftritte belegt. Nach dem Verzeichnis im gesamtdeutschen Theateralmanach auf das Jahr 1812 gehörte er zu den mittelmäßigen Ensemblemitgliedern („zweite und dritte Bassrollen, im Schauspiel Vertraute und Hülfsrollen“). In Prag bezog er im Jahr 1811 eine durchschnittliche Gage von 108 Gulden und weckte bei der Kritik kein besonderes Interesse. Auch die Rezensionen aus späteren Jahren von anderen Theatern liefern keine näheren Einzelheiten über seine Leistungen.

Von seinen Rollen aus den Jahren 1807–1813 ist neben dem Debüt bisher nur eine bekannt (Antonio, Mozart: Hochzeit des Figaro, 1808). Den vollständigsten Überblick über seine Opernpartien bietet das Notizen-Buch, das Carl Maria von Weber während seines Prager Engagements 1813–1816 führte. M. arbeitete erstmalig am 9. September 1813 bei der Premiere von Spontinis Oper Ferdinand Cortez mit ihm zusammen, außerdem bei dreizehn von Webers weiteren Prager Premieren. Webers Theatertagebuch (Notizen-Buch) enthält keine Gesamteinschätzung von M.s gesanglichen Fähigkeiten, denn dieser hatte das Ensemble bereits verlassen, als Weber 1816 ein Resümee über sein Wirken in Prag niederschrieb. Im Laufe seines Prager Engagements spielte M. zweifellos viele Schauspielrollen, die jedoch bisher noch nicht ermittelt werden konnten.

Laut Erwähnung in der Prager Zeitung vom 22. Juni 1814 ging M. am 16. Juni desselben Jahres ans Brünner Theater, dessen damaliger Direktor der bekannte Wiener Komiker Friedrich Joseph Korntheuer war (in Brünn 1809–1811 und 1813–1815). Korntheuer hatte für die Jahre 1815–1821 die Theater in Pest und Ofen (Buda) gepachtet. M., der ihm bald nachgereist war, gastierte am 25. April 1816 am Pester deutschen Theater (Baron von Wallenfeld, Iffland: Der Spieler) in der Hoffnung auf ein Engagement. Der Pester Korrespondent für die Wiener Theater-Zeitung vom 18. Mai 1816 teilt mit: „[M.] entsprach unseren Erwartungen nicht. Wir hätten einen strengen Spruch über ihn zu sprechen, doch da er vorzüglich als Sänger engagiert seyn soll, so wollen wir ihn erst dann beurtheilen wenn wir ihn in seiner eigentliche Sphäre gesehen haben werden.“ M. wurde tatsächlich in Pest engagiert, wo er Opern- und Schauspielrollen spielte. Weitere Erwähnungen in der Wiener Theater-Zeitung vom 10. August und 11. September 1816 bescheinigen ihm – wenn auch sehr knapp ausgedrückt – zufriedenstellende Leistungen.

Noch in Prag oder spätestens in Brünn heiratete M. Ludmilla Roth (Ludmila Rothová, 1791–15. 6. 1854 Prag), die Tochter der Prager amtlich geprüften Bezirks-Hebamme Barbara Roth (Barbora Rothová). Am 27. November 1817 wurde dem Ehepaar in Pest die Tochter Anna geboren (1843 verheiratet Kolárová), die eine hervorragende Schauspielerin des deutschen und tschechischen Ensembles am Prager Ständetheater wurde. Nach Angabe in der Literatur (siehe Belitska-Scholz – Szomorjai, Register Mitglieder der Theater) endete M.s Engagement in Pest bereits im Jahr 1817. Über sein Wirken in den darauf folgenden Jahren ist nichts bekannt. Carl Maria von Weber, damals in Dresden, vermerkte in seinem Tagebuch, dass er am 24. Dezember 1818 einen Brief von M. erhalten habe, den er am 12. Februar auch beantwortet hat; wahrscheinlich betraf das ein abschlägig beschiedenes Gesuch um ein Engagement. Laut den deutschen Theateralmanachen aus den Jahren 1821 und 1822 war M. zu jener Zeit an keinem der beiden deutschen Theater (Pest – Ofen) angestellt. Im Repertoire des Theaters in Ofen erscheint jedoch 1829 ein dreiaktiges Schauspiel eines ungenannten Autors mit dem Titel Die Grotte im Lerchenthale, das M. für die ungarische deutsche Bühne bearbeitet hat. Die 75 Seiten umfassende Handschrift mit der Zensur-Erlaubnis für die Aufführung am 30. April 1829 befand sich im Besitz des Theaterdirektors Gustav Laddey, der in den Jahren 1826–1830 die Theater in Pest und Buda leitete und gleichzeitig das Theater in Brünn betrieb.

Noch in Pest verließ M. seine Ehefrau Ludmilla, die offenbar mit ihrer Tochter bereits kurz nach deren Geburt nach Prag zurückkehrte. Sie zog zu ihrer Mutter Barbara Roth in das Haus Nr. 193 in der Altstadt (Staré Město, Křížovnické náměstí) und unterstützte diese in ihrem Beruf, für den sie offensichtlich auch ausgebildet war (im Einwohnerverzeichnis ist Ludmilla ebenfalls als geprüfte Hebamme eingetragen). In der Kartei des Archivs der Hauptstadt Prag aus dem Jahr 1830 wird M. als derzeit verschollen angegeben, der Vermerk ist durchgestrichen. J. Vondráček (siehe Literatur) führt an, dass Barbara Roth 1833 aus dem Haus Nr. 193 ein Gesuch um die Bewilligung eines kleinen Laientheaters beim Gubernium einreichte; vermutlich machte Anna Kolárová-Manetínská hier die ersten Schritte ihrer Bühnenlaufbahn. In die Konskription der Prager Polizeidirektion für das Jahr 1850 ließ sich Ludmilla als Schauspielerwitwe einschreiben, der Eintrag wurde später korrigiert.

In der Evidenz der Prager Einwohnerschaft wird M. auf einem selbstständigen Aufnahmebogen („Aufnahmsbogen“) vom Jahr 1836 als „Gewesener Schauspieler nun Privatlehrer“ bezeichnet, „verheiratet, aber von seiner Frau getrennt lebend“. Noch in der Registratur der Polizeidirektion nach 1850 ist er als „Geprüfter Pädagoge und Lehrer fremder Sprachen“ erfasst. Sein Sterbedatum ist unbekannt.

Ermittelte Gesangsrollen in Prag

1808: Antonio (Mozart: Hochzeit des Figaro). – 1813: 9. 9. Moralez (Spontini: Ferdinand Cortez); 19. 9. Graf, Charlott (mangels Sängerpersonal zwei Rollen) (Catel:Die vornehmen Gastwirthe); Utobal (Méhul: Jacob und seine Söhne in Egypten); 17. 10. Antonio (Cherubini: Der Wasserträger); 19. 12. Stephan (Fränzl:Carlo Fioras). – 1814: 15. 1. Masetto (Mozart: Don Juan); 30. 1. Giansimone (Fioravanti: Die Dorfsängerinnen); 4. 3. Der König (Paër: Sargines); 27. 3. Vivient (Himmel: Fanchon); 19. 4. Usbek (Berton: Aline); 12. 6. Emon (Isouard: Alamon); 19. 6. Marquis (Grétry: Blaubarth); 26. 6. Clermont (D’Alayrac: Die beyden Savoyarden).

Quellen

Archiv hl. města Prahy [Archiv der Hauptstadt Prag], Aufnahms-Bogen vom Jahre 1830, Archivale Nr. 245, Fond: Soupis pražského obyvatelstva 1830–1949 [Verzeichnis der Prager Einwohner 1830–1949]; hier ist M.s Geburtsdatum angegeben. Er wurde getauft in der katholischen Kirche St. Ägidius in der Altstadt, in deren Matrikeln lediglich ein Register mit dem Eintrag von M. als Nr. 528 überliefert ist. In demselben Fond des Archivs der Hauptstadt Prag befindet sich M.s Aufnahmebogen („Aufnahmsbogen“) von 1836, Archivale Nr. 244, mit dem falsch angegebenen Geburtsjahr 1782. – Národní archiv, Policejní ředitelství I [Nationalarchiv, Polizeipräsidium I], Konskription, im Karton 370, Abbildung 621 ist M. mit dem Geburtsjahr 1780 aufgeführt. Akten mit Bezug zu allen Familienmitgliedern siehe in Karton 280, Abb. 313, Karton 370, Abb. 621, 622, Karton 518, Abb. 698, Karton 519, Abb. 296.

Periodika

Almanach fürs Theater 1812, hrsg. von Friedrich Ludwig Schmidt, Leipzig 1812, S. 174. – Prager Theater-Almanach 1808, 1809. – Wiener Theater-Zeitung 18. 5. 1816, Beilage S. 54. – Národní listy 12. 7. 1882, Nr. 190, Morgenausgabe, S. 2 Nekrolog auf Anna Kolárová, Information über die Trennung ihrer Eltern.

Literatur

Teuber II: S. 382, 389, 430, 459

J. Vondráček: Dějiny českého divadla. Doba předbřeznová 1824–1846 [Geschichte des tschechischen Theaters. Zeit des Vormärz 1824–1846], Prag 1957, S. 99

J. Bužga: Carl Maria von Webers Prager „Notizen-Buch“ (1813–1816). Kommentar und Erstveröffentlichung des Originals,Oper heute. Ein Almanach der Musikbühne 8, Berlin 1985, S. 7–44

H. Belitska-Scholtz–O. Somorjai: Deutsche Theater in Pest und Ofen 1770–1850, I–II, Budapest s.a. [1995], Bd. 1, Nr. 2494

Carl-Maria-von-Weber-Gesamtausgabehttp://www.weber-gesamtausgabe.de/de/Index, hier Korrespondenz

Ulrich (in Kolár, Anna, S. 969)


Bildung: 20.06.2013

Autor: Ludvová, Jitka