Köllner-Werdenau, Julius August

Julius August
Köllner-Werdenau
1895 n. 1798
2. 7. 1855 Praha [?] (CZ)
Dramatiker, Librettist, Schriftsteller

Autor von Dramoletten und Theaterstücken, die in den 20-er Jahren des 19. Jahrhunderts herausgegeben wurden. Einige von ihnen wurden im Prager Ständetheater aufgeführt.

Mit bürgerlichem Namen Julius August Köllner. Er publizierte unter den Namen Köllner und Werdenau, später verwendete er beide Namen (Köllner-Werdenau). Über sein Leben ist wenig bekannt. Sein ursprünglicher Beruf war wahrscheinlich Händler, dann diente er in der Armee bei der Kavallerie als Adjutant des Fuhrwesen-Corps des österreichischen Kaiserthums, in dieser Zeit widmete er sich dem Schreiben von Theaterstücken. 1836 wurde er bereits als pensionierter k. k. Lieutenant Adjunkt geführt. Er bewegte sich in der deutschen und in der tschechischen Gesellschaft. Im Revolutionsjahr 1848 schloss er sich dem Beschluss der deutschen und tschechischen Schriftsteller an, die sich an Palacký inspirierten und die den Erhalt der konstitutionellen Monarchie und eine Gleichberechtigung der deutschen und der tschechischen Sprache verlangten. Er unterzeichnete sie zusammen mit K. E. Ebert, J. K. Tyl, J. B. Malý, A. Meissner, J. Wenzig und anderen. Nach seiner Pensionierung kehrte er wahrscheinlich wieder zum Handel zurück und lebte bis zu seinem Tode in Prag. In der literarischen Welt machte sich K.-W. einen guten Namen, die Nachricht von seinem Tode übernahmen aus der Prager Presse auch das Wiener Fremdenblatt und die Wiener Zeitung.

K.-W. gehörte zu den Autoren, die in einem niedrigeren Offiziersrang im militärischen Gefilde wirkten und die Möglichkeit hatten, sich der Literatur und dem Theater zu widmen, ähnlich wie der gebürtige Prager W. Marsano. Der Vorteil dieser Position bestand in gesellschaftlichen Kontakten, dem Zugang zu privaten Adelsbibliotheken und der Möglichkeit, an Reisen teilzunehmen, die den Autoren Inspiration boten. Einige Werke K.-W.s sind Gräfin Josefina Clam-Gallas gewidmet, es ist also anzunehmen, dass er mit dieser Familie eng verbunden war. Seine literarischen Arbeiten wurden zu seinen Lebzeiten in Druckform herausgegeben, was nicht üblich war; in der zweibändigen Gesamtausgabe der Stücke Romantisch-dramatische Bühnengemälde ist ein Verzeichnis von dreihundert Abonnenten abgedruckt, unter ihnen auch eine ganze Reihe bedeutender Aristokraten, Unternehmer, hohe Beamte, die meisten Schauspieler und führenden Persönlichkeiten des Ständetheaters.
K.-W. bearbeitete damals populäre romantische Gruselgeschichten für das Theater. Er debütierte 1822, als in der Zeitschrift Der Kranz seine einaktigen Dramolette Das Wiedersehen am Jura und Der Kreuzweg als Fortsetzungsstücke erschienen. Aus derselben Zeit stammt die romantische Kammertragödie in zwei Akten Das Jägerhaus, das er Gräfin Josefina Clam-Gallas widmete (datiert 12.11.1821); es ist anzunehmen, dass sie auf der Sommerschlossbühne der Familie Clam-Gallas in Frýdlant aufgeführt wurde. Das Prager Ständetheater führte am 14.10.1822 K.-W.s Drama in fünf Akten Das Haus Grandoni auf, zu dem Kapellmeister J. Triebensee die Musik schrieb und das zwei Reprisen erlebte. Im Folgejahr führte es die heroisch-komische Oper Die böhmischen Amazonen (2.4.1823) auf, die der Lehrer und Komponist im Hause Clam-Gallas A. Bayer zu K.-W.s Libretto komponierte;  die Oper wurde einmal wiederaufgeführt. K.-W. ist auch der Autor der historischen Tragödie Die Leichenbraut über das Schicksal des schwedischen Königreichs am Beginn des 14. Jahrhunderts, das A. Veith, geborene Freifrau von Deym, gewidmet war. Das handschriftliche Stück Popel von Lobkowitz ist heute verschollen. Über eine Aufführung von K.-W.s Stücken außerhalb von Prag ist nichts bekannt, doch angesichts der gesellschaftlichen Kontakte des Autors sind Aufführungen außerhalb von Prag nicht auszuschließen. K.-W. ist ebenfalls der Autor eines Prologs zum Geburtstag von Kaiser Franz I., der am 3.10.1833 im Olmützer Stadttheater während einer Vorstellung für die dort stationierte militärische Besatzung deklamiert wurde.

Später widmete sich K.-W. dem Verfassen kleinerer Prosastücke. Er publizierte im Prager literarischen Jahrbuch Erinnerungen an merkwürdige Gegenstände und Begebenheiten (insbes. 1840, 1841), im Sammelband Camellien u. a. Für die Novelle Das Brautgeschenk, das im alten Polen spielt (Camellien I, 1840), erhielt er den Leserpreis und 10 Dukaten. 1840 bekannte er sich zu den Begründern der Literaturbeilage der Pressburger Zeitung mit dem Titel Panonia und wird im Weiteren als Beitragender aus den böhmischen Ländern geführt.

Obwohl zu K.-W. nur wenige Informationen erhalten geblieben sind – sein im Nachruf in der Wiener Zeitung erwähnter Nachlass ist heute verschollen, hatten seine Theatertexte damals deutliche gesellschaftliche Publizität, die jedoch nach seinem Tod verlorenging.

Stücke

Das Wiedersehen am Jura, Dramolett in einem Akt, T. Der Kranz 2, 1822, Nr. 4, S. 161–163, 165–168, 169–172, 173–175 (unter dem Namen Julius Werdenau); Der Kreuzweg, romantisches Dramolett in einem Akte, T. Der Kranz 2, 1822, Nr. 6, S. 269–272, 273–276, 277–279 (unter dem Namen Julius Werdenau); Das Jägerhaus, T. Prag 1825; Das Haus Grandoni, Drama in 5 Akten, StD 1822, T. Szene aus dem noch ungedruckten romantischen Drama Das Haus Grandoni, eine Szene abgedruckt in: Der Kranz 2, 1822, Nr. 9, S. 129–131, mit musikalischer Beilage Romanze aus dem Drama Das Haus Grandoni, Musik von Kapellmeister Triebensee, Der Kranz 2, 1822, Nr. 10, nicht paginiert.; Die böhmischen Amazonen, heroisch-komische Oper, M. Anton Bayer, StD 2. 4. 1823; Das Maltheserkreuz, T. Prag 1825; Die Leichenbraut, T. Prag 1826 ■ gesammelt: Romantisch-dramatische Bühnengemälde, Bd. 1, Prag 1825 (Das Maltheserkreuz; Das Jägerhaus); Romantisch-dramatische Bühnengemälde, Bd. 2, Prag 1826 (Die Leichenbraut).

Quellen

AMP: Aufnahmsbogen 1836, Schachtel 139, Nr. 75 (Geburtsjahr 1898, Wohnort, Ehefrau Franziska geb. 1890, Tochter Emelina geb. 1822); Aufnahmsbogen 1830, Schachtel 127, Nr. 274 (unter dem Namen Kellner Julius).

NA Prag: Polizeidirektion I, Konskription, Karton 259, Abb. 358 (unter dem Namen Kellner-Werdenau, Geburtsdatum 1895, Sterbedatum, Tochter Eweline geb. 1830, Söhne: Viktorin, geb. 1843; Willibald, geb. 1845; Franz, Geburtsjahr nicht angeführt).

Literatur

Wiener Theaterzeitung 29.10.1822 (Prem. Das Haus Grandoni), 20. 3. 1823 (Prem. Der Oper Die böhmischen Amazonen), 29.10.1833 (Prolog zur Vorstellung in Olomouc); Blätter für literarische Unterhaltung (Leipzig) 7.3.1827; Militär-Schematismus des Königreichs Böhmen, Wien 1835, S. 66 (Beamtenfunktion Adjutant); Der Humorist (Wien) 27.11.1839; Ost und West (Prag) 8.4.1840; Österreichisches Morgenblatt (Wien) 20., 22.4.1840; Morgenblatt für gebildete Stände (Stuttgart, Tübingen) 5.6.1840; Pressburger Zeitung 4.12.1840 ● Ableben und Nachrufe: Bohemia 4.7.1855; Wiener Zeitung 6.7.1855 [Stück Popel von Lobkowitz, verschollener Nachlass]; Fremdenblatt (Wien) 6.7.1855 ● Františka Palackého spisy drobné, Teil I. Schriften und Reden aus der Politik, Ed. B. Rieger, Praha 1898, S. 14; M. Wögerbauer: Die Prager Zeitschrift „Der Kranz“ (18211825). Eine Monographie, Diplomarbeit, Geisteswissenschaftliche Fakultät der Universität Wien 1997, S. 164, 176; Clam-Gallas-Palais. Johann Bernhard Fischer von Erlach, Ed. Martin Krummholz, Ausstellungskatalog, Prag 2007, S. 104, 143; K. Goedeke: Grundriss zur Geschichte der deutschen Dichtung Bd. 11/2, Dresden 1953, S. 218 (Werkübersicht).

ČHS (in: Bayer, Antonín, S. 67).

Prosa

Das Brautgeschenk, Camellien, Bd. 1, 1840, S. 353; Wlasta - Vaterländische Novelle, Camellien, Bd. 2, 1841, S. 117–137.


Bildung: 2018

Autor: Ludvová, Jitka