Huber, Leopold

Leopold
Huber
13. 11. 1766
Mikulov (CZ)
4. 9. 1842
Wien (A)
Dramatiker, Theaterdirektor

Geboren in Mikulov, hatte als Händler in Wien Erfolg. Ab den 80-er Jahren des 18. Jahrhunderts setzte er sich als Dramatiker durch. Seine Zauberstücke wurden in Wiener Theatern gespielt, einige wurden an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert im Prager Ständetheater aufgeführt. Mieter des Wiener Theaters in der Leopoldstadt (1814–1820/21), kurze Zeit leitete er auch das Theater in der Josefstadt (1818). 

Er stammte aus einer Winzerfamilie. Sein Vater Mathias und seine Mutter Anna Marie geb. Karabekisch wohnten in der Straße, wo bis heute das Gebäude des piaristischen Theaters steht. H. besuchte wahrscheinlich das hiesige piaristische Gymnasium. 1789 ging er nach Wien, wo er als Eisenwarenhändler Fuß fasste. 1798 ehelichte er Justina, geb. Scheyer, und 1799 kam ihr Sohn Karel zur Welt. Später wurde H. Besitzer eines Wohn- und Geschäftshauses und 1819 war er Mitbegründer der Ersten österreichischen Sparkasse, des Vorgängers der Ersten Bank. Als Dramatiker ist H. ab dem Ende der 80-er Jahre des 18. Jahrhunderts bekannt, als seine Stücke allmählich in Druckform erschienen und gleichzeitig im Repertoire des Wiener Theaters in der Leopoldstadt auftauchten. Ab 1814 übernahm er die Leitung des Theaters, und zwar zuerst zusammen mit dem Dramatiker K. F. Hensler, ab der Saison 1816/17 bereits eigenständig. Am Beginn der nächsten Saison kam der berühmte österreichische Dramatiker und Schauspieler F. Raimund ans Theater. Aus dem tschechischen Umfeld wirkte hier ab 1812 als Sänger, Darsteller komischer Rollen und ab 1814 auch Regisseur der ehemalige Schauspieler des Vaterländischen Theaters V. Svoboda. In der Position des Direktors des Theaters in der Leopoldstadt blieb H. bis zur Saison 1820/21, wo bezüglich seines Vermögens wegen Verschuldung der Konkurs erklärt wurde. Hinter seinem finanziellen Absturz standen u. a. die Aktivitäten seines Bruders Josef, der im Herbst 1811 nach Wien kam. Im Mai des folgenden Jahres mietete er für zehn Jahre das Theater in der Josefstadt an, das er jedoch nur bis Mai 1818 halten konnte. Anschließend verließ er das Theater und überließ es seinem Bruder. H. übergab fast unmittelbar danach die Leitung des Theaters in der Josefstadt an den Schauspieler und Dramatiker F. Rosenau, mit dem er bereits im Theater in der Leopoldstadt zusammengearbeitet hatte. Doch auch diese Lösung war nicht haltbar, und 1821 musste das Theater ebenfalls Konkurs anmelden. Das weitere Schicksal von H. ist unklar. Noch am 28.8.1824 führte das Theater in der Leopoldstadt sein neues Stück Das Bezauberte Goldstück auf. Er starb am 4.9.1842 in seiner Wohnung in Gumpendorf 72 im sechsten Wiener Bezirk. Im Matrikeleintrag ist er als Händler und des äußern Raths Mitglied angeführt.

Sein jüngerer Bruder Josef Huber (1776–?) war ursprünglich Apotheker in Mikulov, anschließend Dramatiker und Theaterdirektor. 1812–18 hatte er das Theater in der Josefstadt angemietet.

H. schrieb mehr als zwanzig Stücke, unter denen auch die zu dieser Zeit beliebten Singspiele, komischen Opern, Volks- und Zauberstücke nicht fehlten. Er war auch Autor von Lustspielen für Kinder, denen er sich vor allem am Beginn seiner Künstlerkarriere widmete. In den Zauberstücken tauchen das Phantastische der übernatürlichen Welt bzw. Ritterthematik auf, die übernatürliche Elemente mit einer sentimental aufgefassten Vergangenheit verband. Das grundlegende Prinzip dieser Stücke ist der Kampf zwischen Gut und Böse. Musikalisch beteiligten sich an seinen Stücken F. Kauer und W. Müller. Einige Stücke drangen auch in die Prager Theaterwelt vor. J. N. Štěpánek führte 1803 in eigener Übersetzung Hubers und Müllers Singspiel Der eiserne Mann, oder Die Drudenhöhle im Wienerwald (Železný muž aneb Příbytek můry v Bušinohradském lese) auf. Ein Jahr früher spielte die Gesellschaft von A. Grams im Vaterländischen Theater das volkstümliche Märchen mit Gesang Das Sternenmädchen im Meidlinger Walde (Hvězdotřpytící děvče v dobříšských lesích) mit Musik von F. Kauer und in einer Übersetzung von J. N. Raus. Bei den oben genannten Stücken wurden jedoch Streits bezüglich der Autorschaft geführt, denn der Journalist und Dramatiker A. Bäurle führte K. F. Hensler als ihren Autor an. Die Frage der Autorschaft bei dem Stück Die Teufelsmühle am Wienerberg von 1799 gelangte auch auf die Seiten der Wochenzeitschrift Lumír. H. sollte sich angeblich Stücke von Hensler gekauft haben, um als Dramatiker im Theater in der Leopoldstadt den Durchbruch zu schaffen. Im Falle dieses Stücks aber wurde H. nur als Autor der Vorlage bzw. des Sujets bezeichnet, die abschließende Bearbeitung soll Hensler vorgenommen haben. In der Wiener Theaterwelt wurde H. eher als Finanzier und geschickter Geschäftsmann wahrgenommen. Die Position eines Theaterdirektors in der unsicheren Zeit nach den napoleonischen Kriegen, die fehlende Erfahrung und wohl auch die finanzielle Unterstützung für seinen Bruder bei dessen nicht von Erfolg gekrönten Aktivitäten führten ihn dann jedoch in den finanziellen Ruin. Die Ära beider Brüder hinterließ in der Geschichte des Wiener Theaters keine deutlichere Spur und war eher eine Kuriosität, ein Beleg einer Zeit, in der zwei Brüder aus Mikulov Wiener Theater anmieten konnten, die zu ihren Namen passten.

Stücke

Rach aus Liebe, Trauerspiel, T Wien 1789; Die Neujahrsgeschenke, Lustspiel für Kinder, T Wien 1789; Der unschuldige Betrug, oder auf dem Lande kennt man die Rache nicht, Kinderoperette, T Wien 1790, 22. 6. 1790 Theater in der Leopoldstadt; Wir wollen auf Kriegssteuer geben, Lustspiel für Kinder, T Wien 1790; Die Perücken, komisches Nachspiel, T Wien 1791; Die Rebellen wider den Landesfürsten, Schauspiel, T Wien 1791; Gute Kinder sind der Eltern Seegen, Lustspiel, T Wien 1791; Das Verbrechen aus mütterlicher Tugend, Schauspiel mit Gesang, T Wien 1791; Der Glückshafen, T Wien 1791; Hermann und Ulrike, Singspiel, T Wien 1791; Der eifersüchtige Schuster, Lustspiel, T Wien 1791; Kasperl der lustige Schaafhirt oder das Mayfest auf den Alpen, komisches Singspiel, T Wien 1791, 11. 5. 1791 Theater in der Leopoldstadt; Die Teufelsmühle am Wienerberg, österreichisches Völksmärchen mit Gesang, für das Theater in der Leopoldstadt überarbeitet von K. F. Hensler, prem. 12. 11. 1799 Theater in der Leopoldstadt, T Wien 1801, tschechisch als Ďáblův mlejn na vídeňské hoře, 9. 12. 1804 Praha; Der Müller vom Wimpassing, Lustspiel, 30. 1. 1800 Theater in der Leopoldstadt; Adolph der Kühne. Raugraf zu Dassel, Schauspiel mit Gesang, T Wien 1800, 4. 9. 1800 Theater in der Leopoldstadt; Der Bettelstudent, komische Oper, T Wien 1800, 24. 7. 1800 Theater in der Leopoldstadt; Der eiserne Mann, oder Die Drudenhöhle im Wienerwald, österreichisches Völksmärchen mit Gesang, T Wien 1801, 12. 2. 1801 Theater in der Leopoldstadt, tschechisch als Železný muž aneb Přibytek mury v bušihradském lese, 15. 4. 1803 Ständisches Theater Prag; Der eiserne Mann. Zweyter Theil oder Die Marmorburg, österreichisches Völksmärchen mit Gesang, T Wien 1802, 1. 4. 1802 Theater in der Leopoldstadt; Bauernliebe, ländliche Oper, T Wien 1802, 20. 5. 1802 Theater in der Leopoldstadt; Das Sternenmädchen im Meidlinger Walde, romantisch-komisches Volksmärchen mit Gesang, T Wien 1802, 26. 10. 1802 Theater in der Leopoldstadt, tschechisch als Hvězdotřpytící děvče v dobříšských lesích, 19. 12. 1802 Vlastenské divadlo; Die Wundergeige, romantisch-komische Oper, Ms.; Der Teufelsthurm bey Linz, komische Zauberper, T Wien 1804, 15. 10. 1804 Theater in der Leopoldstadt; Die Dorfrichterin und ihre Liebhaber, komische Oper, 27. 11. 1807 Theater in der Leopoldstadt; Die Totenfackel oder die Höhle der Siebenschläfer, Schauspiel mit Gesang, T Wien 1807, 12. 6. 1807 v Theater in der Leopoldstadt; Der Scheintodte, Posse, 10. 5. 1808 Theater in der Leopoldstadt; Das Dörfchen der Schwarzen in Amerika, Schauspiel, T Wien 1809; Der Winkelschreiber, Singspiel, 3. 4. 1811 Theater in der Leopoldstadt; Das bezauberte goldstück, Scherzspiel mit Gesang, 28. 8. 1824 Theater in der Leopoldstadt.

Quellen

MZA Brno, Matrikel, Mikulov – St. Wenzel, N 1751–1784, Abb. 232, S. 465 (Leopold Johann Huber, Vater Mathias, Mutter Anna Marie).

Matricula Online, Österreich, Wien, Gumpendorf, Sterbebuch 1841–1846, s. 124 (online, zit. 23. 8. 2018), URL: http://data.matricula-online.eu/en/oesterreich/wien/06-gumpendorf/03-18/?pg=164

Literatur

Allgemeine Theaterzeitung und Unterhaltungsblatt für Freunde der Kunst, Literatur und des geselligen Lebens (Wien) 25. 9. 1824, Nr. 116, Anlage, S. 2; O. Horn [A. Bäurle]: Ferdinand Raimund: Roman aus Wien’s jüngster Vergangenheit, Bd. 1 und 2, Wien 1855; Lumír (Praha) 10, 1860, S. 263; B. Kahn: Leopold Huber und sein Theater, Dissertation, Universität Wien 1934; R. Holze: Die Wiener Vorstadtbühnen, Wien 1951, S. 17, 18, 74; A. Bauer: Das Theater in der Josefstadt zu Wien, Wien 1957; DČD II, S. 77, 95; F. Hadamowsky: Wien Theatergeschichte. Von den Anfängen bis zum Ende des Ersten Weltkriegs, Wien 1988, S. 538–544; D. Tureček: Rozporuplná sounáležitost: Německojazyčné kontexty obrozeneckého dramatu [Eine widersprüchliche Zugehörigkeit: Deutschsprachige Kontexte des Dramas der Wiedergeburt], Praha 2001, S. 12; R. Angermüller: Wenzel Müller und "sein" Leopoldstädter Theater, Wien 2009, S. 59, 109, 146, 234, 240; K. Goedeke: Grundriss zur Geschichte der deutschen Dichtung aus den Quellen. Achtes Buch: Vom Weltfrieden bis zur französischen Revolution 1830, Bd. XI/2, Berlin 2011, S. 211–212; H. in LiTheS (Literatur- und Theatersozilogie, Karl-Franzens-Universität Graz), (online, zit. 5.1.2016), URL: http://lithes.uni-graz.at/maezene-pdfs/bio_huber.pdf

Kosch Th, ÖBL, SDČ (Stichwort Müller, Wenzel)


Bildung: 2018

Autor: Lukáš, Miroslav