Zwoneczek, Alois Franz

Alois Franz
Zwoneczek
20. 7. 1778
Brno (CZ)
nach 1836
Schauspieler, Sänger, Theaterdirektor
Sänger und Direktor, der 1825–31 das Stadttheater in Brünn leitete. Er wirkte in Ofen, Agram und Laibach. Trotz finanzieller Probleme war er ein beliebter Theatermacher. Sein Neffe war der Komponist und Kapellmeister Friedrich Zwoneczek (1817–1848). 

Geschrieben auch Zwoneček, der Vorname wird oft fälschlicherweise als Anton Franz angeführt. Er wurde in Brünn in der Familie eines Schneidermeisters geboren. Er wirkte dann als Gubernial-Expedits-Praktikant und sieben Jahre lang als Kreisbeamter in Olmütz und Troppau. 1800 rückte er als Freiwilliger zum Dragonerregiment Feldmarschall Herzog von Modena ein, in dem er bis 1805 diente. Zusammen mit der Besatzung kam er von Troppau aus nach Ostgalizien, wo er begann, Theater zu spielen. Erstmals war er 1806–16 bei Direktor F. Bulla in Lemberk engagiert. 1816–21 trat er in Graz auf, und zwar auch als Sänger (Bassist), gleichzeitig wurde er 1819–24 von Direktor C. F. Hensler an Theater in Pressburg engagiert. Während seines Wirkens ins Pressburg sammelte er auch Erfahrungen mit Theaterregie, als Schauspieler trat er in Charakter- und Heldenrollen und in Rollen gesetzter Ehemänner auf. Als Anfang 1825 der bisherige Direktor H. Schmitz das Brünner Theater wegen finanzieller Probleme verließ, erhielt Z. das Theater für ein Jahr zur Miete, denn er hatte gegenüber den übrigen Konkurrenten ein Kapital von 1000 Gulden vorzuweisen. Der gute finanzielle Zustand des Theaters und Z.s Zuverlässigkeit waren die Gründe, weshalb ihm der Mietvertrag verlängert wurde. Schließlich jedoch verließ er das Stadttheater 1831 wegen Überschuldung. Im Frühjahr desselben Jahres bewarb er sich um die Leitung des Theaters in Pressburg, jedoch ohne Erfolg, ab dem 1.9.1832 war er neun Monate lang Direktor des Theaters in Ofen (Buda). Das Theater ging bankrott; es musste vorübergehend geschlossen werden, worauf es der Verwaltung durch ungarische Laienschauspieler unterstellt wurde. In der Saison 1834/35 war Z. Direktor des Theaters in Agram (Zagreb), ab Herbst 1835 leitete er das Theater in Laibach (Ljubljana). Im Laufe seines dortigen Wirkens musste er den Theaterfundus verkaufen und war auf Spenden von Mäzenen und Zuschauern angewiesen. Im Frühjahr 1836 lief sein Mietvertrag für das Laibacher Theater aus, und seine Spuren verlieren sich. Wahrscheinlich verstarb er plötzlich, trotzdem führt die Literatur das Todesjahr mit 1848 an.

Z. wird oft mit seinem Neffen Friedrich Zwoneczek (31. 5. 1817 Brünn – 9. 1. 1848 Brünn) verwechselt, der Komponist, Kapellmeister und Chorleiter war. Durch Z. erlangte ein Neffe eine musikalische Ausbildung, und Z. beschäftigte ihn auch erstmals als Chorleiter. Zusammen wirkten sie in Theatern in Brünn und Agram.

In Brünn stellte sich Z. erstmals im Frühjahr 1824 in einigen Gastvorstellungen des Theaters in Pressburg vor. Ein Jahr später kehrte er als Direktor zurück: er gab am 4.4.1825 seinen Einstand mit der Aufführung von Holbeins Dramatisierung der Erzählung Meister Martin der Küfner und seine Gesellen von E. T. A. Hoffmann. Die Leitung der Oper vertraute er J. Ruess und J. Hnojil an. Das Ensemble aus Zeiten von H. Schmidt veränderte er nicht stark: im Theater traten weiterhin z. B. F. A. Forti mit Gattin, die Tenoristen R. Schiansky und F. Kunerth bzw. der spätere Direktor W. Thiel auf. Auch weiterhin gastierten hier Schauspieler aus Wien insbesondere aus dem Theater an der Wien und dem Hoftheater. Ein bedeutender Gast war J. N. Nestroy, damals ein Dramatiker am Beginn seiner Laufbahn, der in der Rolle des Simeon in Méhuls Oper Josef und seine Brüder in Ägypten auftrat und anschließend für siebzehn Monate engagiert wurde (bis April 1827). Die Zusammenarbeit wurde jedoch nach einem halben Jahr wegen Nestroys zu häufiger und aufwiegelnder Extempore beendet, er verließ das Theater im Mai 1826. Zu weiteren bedeutenden Gästen zählte L. Löwe, der damals neu am Wiener Hoftheater engagiert war; in Brünn stellte er sich 1826 in seiner Paraderolle als Jaromir in Grillparzers Die Ahnfrau vor. Im Juli 1828 gastierte hier K. Fichtner als Schillers Don Carlos, später dann F. Wilhelmi als Müller Reinhold in Raupachs Müller und sein Kind (1830) oder die beginnende Schauspielerin und spätere berühmte Dramatikerin Ch. Birch-Pfeiffer, die in Brünn im Juli 1830 ein Gastspiel gab.

Ins Repertoire nahm Z. eine Menge Lustspiele und Possen auf, doch das Brünner Publikum war eher an Opernproduktionen gewöhnt. Der Direktor konzentrierte sich später auf bewährte ältere Stücke, er stellte wenige Neuheiten vor. Eine Ausnahme bildete die Aufführung von Aubers Opern Maurer und Schlosser (1826), Stumme von Portici (1829) und Fra Diavolo (1831). Ein Jahr nach der Pariser Premiere wurde Rossinis zweiteilige Oper Wilhelm Tell (1830) auf die Bühne gebracht. Erstmals spielte man hier auch Raimunds Märchenstücke Der Diamant des Geisterkönigs (1826), Das Mädchen aus der Feenwelt oder Der Bauer als Millionär (1828) und Der Alpenkönig und der Menschenfeind (1830). Eine Neuheit war auch die Aufführung des Trauerspiels von Raupach Müller und sein Kind (1830), das später ein Fixstern des Repertoires des 19. Jahrhunderts war. Zu weiteren gespielten Autoren gehörten F. Grillparzer, C. Birch-Pfeiffer oder der damalige Brünner Direktor F. J. Korntheuer.

Trotz der guten anfänglichen materiellen Sicherheit hatte auch Z. genauso wie andere Direktoren mit finanziellen Problemen zu kämpfen. Er verpflichtete sich, der Stadt jährlich eine Miete von 2281 Gulden zu zahlen, dieser Betrag wurde anschließend auf 1200 Gulden gesenkt. Das Z. jedoch nicht in der Lage war, selbst diesen verminderten Betrag zu zahlen, sah er sich zu einem vorzeitigen Weggang gezwungen. Am Ende seines Wirkens als Direktor zerfiel das Ensemble langsam, die guten Interpreten gingen an andere Theater und es gab weniger Stücke in tschechischer Sprache. Trotz der Bemühungen, das Orchester zu stärken der einen besseren Fundus aufzubauen, gelang es Z. nicht, das vorherige Niveau des Theaters zu halten. Die aufgeführten Stücke hatten vor allem Unterhaltungscharakter, und das Publikum beschwerte sich darüber, dass es an künstlerisch guten Vorstellungen mangelte. Stabilität und Prestige brachte dem Brünner Stadttheater erst der zurückkehrende Direktor Schmidt zurück. Trotz dieses Misserfolgs gelang es Z., die Theater in Ofen und Agram anzumieten. Hier galt er als anerkannter Theatermacher, der bewährtes Opernrepertoire ansetzte. In Laibach veranstaltete er Schiller-Feste. Wenngleich das Ende von Z.s Karriere von fehlenden Finanzen geprägt war, war er als Direktor von Theatern in den südöstlichen Provinzen der Habsburger Monarchie beliebt, weil er es verstand, talentierte Schauspieler und Sänger zu engagieren.

Rollen

Theater in Lemberg

Dandini (G. Rossinni: Aschenbrödel) – 1814.

Ständisches Theater Graz

? (A. Klingemann: Doctor Johann Faustus Leben, Thaten und Höllenfahrt), ? (W. Vogel: Kampf gegen Eifersucht) – 1816; Philipp (A. W. Iffland: Allzuscharf macht schartig), Rubens (J. F. Kind: Van Dyck’s Landlebent) – 1818; Hugo (A. Müllner: Die Schuld), Papageno (W. A. Mozart, Libr. E. Schikaneder: Die Zauberflöte) – 1821.

Theater Pressburg

? (J. Franul v. Weissenthurn: Die Schwestern St. Janvier) – 1823; ? (A. W. Iffland: Elise von Valberg), ? (A. Kotzebue: Gisela oder Die Fürstenwahl) – 1824.

Quellen

MZA: Fonds E67 Matrikelsammlung, Sign. 16868 – Brno – St. Jacobi, Geburtenmatrikel 1769 – 1784, S. 340.

AMB: Fonds A1/22–1701, 49/36, Karton 303 (Vermietung des Stadttheaters und des Saals in der Reduta an A. F. Zwoneczek 1825–1832; Bestandteil ist eine Empfehlung von C. F. Hensler, f. 10).

Literatur

Allgemeine musikalische Zeitung (Leipzig) 23.2. 1814; Grazer Zeitung 14.9., 5.11., 16.11., 21.12. 1816, 5.11. 1818, 5.5. 1821; Der Aufmerksame (Graz) 27.6. 1818; Taschenbuch für Schauspieler und Schauspielfreunde (Wien) 1821, S. 215; Pressburger Zeitung 15.12. 1823; Wiener Theater-Zeitung 23.5. 1818, 30.4. 1825, 26.12. 1826, 4.9. 1828, 12.5. 1831, 18.7. 1832, 22.7., 18.11. 1834; Brünner Zeitung 22.4., 8.6. 1824, 9.2. 1826; Brünner Theater-Almanach 1826, S. 5, 8; Mährisch-schlesischer Correspondent (Brünn) 30. 7. 1880;  H. Meynert: Geschichte der k. K. österreichischen Armee, Wien 1854, S. 44; A. Rille: Die Geschichte den Brünner Stadt-Theaters 1734–1884, Brünn 1885, S. 110–117; Ch. D’Elvert: Geschichte der Musik in Mähren und Oesterr.-Schlesien mit Rücksicht auf die allgemeine, böhmische und österreichische Musik-Geschichte, Brünn 1873, S. 205–207; P. von Radics: Schiller auf der deutschen Bühne in Laibach, Laibach 1905, S. 22; W. Šmid: Aus Alt Laibach. Carniola 2, 1909, S. 143–153; G. Bondi: Geschichte des Brünner deutschen Theaters 1600–1925, Brünn 1924, S. 12–13; J. Vondráček: Dějiny českého divadla. Doba předbřeznová 1824–1846 [Geschichte des böhmischen Theaters. Die Vormärzzeit 1824-1846], Praha 1957, S. 382–414; H. Kindermann: Theatergeschichte Europas, VI. Band. Romantik, Salzburg 1964, S. 333, 341; J. Sivec: Opera v Stanovskem gledališču v Ljubljani od leta 1790 do 1861 [Die Oper des Theaters in Laibach von 1790 bis 1861], Ljubljana 1971, S. 106–107; W. Binal: Deutschsprachiges Theater in Budapest, Wien 1972, S. 203; W. Formann: Der Vorhang hob sich nicht mehr, München 1974, S. 177 (Zwoneczek wird fälschlicherweise als Franz Anton angeführt); G. István: Budapesti képeslapok: régi fővárosi épületek egykor és ma [Budapester Postkarte: die Gebäude der Alten Hauptstadt gestern und heute], Budapest 1982, S. 62 (Leitung des Theaters in Ofen zusammen mit seiner Frau); J. Balvín – J. Pokorný – A. Scherl: Vídeňské lidové divadlo. Od Stranitzkého k Nestroyovi [Das Wiener Volkstheater. Von Stranitzky bis Nestroy], Praha 1990, S. 284; H. Belitska-Scholz – O. Somorjai: Deutsche Theater in Pest und Ofen 1770–1850, Budapest 2004, S. 279; M. Chvojka: School of Public Morality or Instrument of Political Repression? Theatre Censorship between Vienna, Brno and Opava from Enlightened Absolutism to the Pre-March Period. Zeitschrift für Ostmitteleuropa-Forschung 62, 2013, Nr. 1, S. 76–107; V. Věžník: Zpívali v Brně II, Brno 2014, S. 60.

HD (in: Hnojil Jan); Lexikon zur deutschen Musik (in: Brünn), Wurmová, Wurzbach (in: Zwoneček Friedrich).


Bildung: 2019

Autor: Škrobánková, Klára