Trübwasser, Josef

Josef
Trübwasser
3. 4. 1867
Brno – Pisárky (CZ)
3. 6. 1902
Jihlava (CZ)
Dramatiker, Schriftsteller

Vom Naturalismus beeinflusster Schriftsteller und Dramatiker, der mit dem Gebiet Mähren verbunden ist, insbesondere mit Brünn, Svitavy und Jihlava. Außer für Lokalperiodika schrieb er auch für Wiener Tageszeitungen (Ostdeutsche Rundschau, Österreichische Volkszeitung und Die Zeit). Er ist der Autor der Theaterstücke Der Herr Meister und Chryses

Mit vollständigem Namen Josef Vincenc Trübwasser, geschrieben ebenfalls Trübswasser. Er wurde als unehelicher Sohn des Brünner Gastwirts Josef Trübwasser und der Augusta Sykora in Pisárky bei Brünn geboren, mit der Heirat der Eltern am 5.11.1867 wurde er legitimiert. Der Vater starb mit 44 Jahren 1875 in Brünn und hinterließ eine Familie mit sieben Kindern. Bereits in früher Kindheit lernte T. somit Elend kennen, was sich später in seinem Dramenschaffen niederschlug. Er besuchte die Bürgerschule und danach ein Lehrerinstitut, das er 1887 absolvierte. 1894 erlangte er in Troppau die Lehrberechtigung für Bürgerschulen in den Fächern Naturkunde und Mathematik, 1896 in Brünn dann außerdem für Zeichnen und Schönschreiben. T.s erste Wirkungsstätte war Svitavy, wo er als Unterlehrer an einer Volksschule für Jungen. Nach Jihlava kam er 1887 und lebte hier bis zu seinem Tod. 1897 erhielt er die Lehrberechtigung für Stenographie für Oberschulen und wurde Fachlehrer und später auch Direktor einer Bürgerschule für Mädchen in Jihlava. Er ehelichte Katharina Salomon (* 14.9.1869), die Tochter des dort ansässigen Textilfabrikanten und kaiserlichen Rates Leopold Salomon (1841–1914), Mitglied der nationalistisch ausgerichteten Burschenschaft Iglavia (gegr. 1859). Aus der Ehe (10.9.1895) gingen drei Kinder hervor: Hertha (1896), Wolfgang (1898) und Helmuth Reinhald (1902). T. starb am 3. Juni 1902 in Jihlava an den Folgen einer Herzmuskelentzündung und wurde zwei Tage später auf dem städtischen Friedhof in Jihlava beigesetzt.

T. schrieb nicht nur Dramen, sondern auch Gedichte, Prosaskizzen, Erzählungen und Novelle mit lustigen, fast satirischen Tönen, die in der Lokalpresse erschienen. Außerdem schrieb er Beiträge für die Künstlermonatszeitschrift Der Kyffhäuser, für die Wiener Tageszeitungen Ostdeutsche Rundschau und Österreichische Volkszeitung sowie Die Zeit. An die Leipziger Monatszeitschrift für Bildung und Unterricht Neue Bahnen sandte er Beiträge zu unterschiedlichsten Themen, vor allem aus dem schulischen Umfeld. Er war Mitbegründer des nationalistischen Blattes Deutsche Wacht (1901), das er regelmäßig mit politischen und kulturkritischen Artikeln versorgte.

Inspiriert durch den Brünner Dichter J. von Kräutner schrieb T. seine künstlerischen Erstlingswerke, die in den 90-er Jahren des 19. Jahrhunderts in der alle zwei Wochen erscheinenden Münchener naturalistischen Zeitschrift Gesellschaft erschienen. Im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts, als sich auch in der mährischen Provinz der Naturalismus durchzusetzen begann, entstand in Brünn eine Künstlergesellschaft, die aus P. Langmann, F. Schamann, R. von Schaukal, H. Müller, P. Stefan oder E. Schick bestand. Nach ihrem Vorbild schlossen sich dann auch in Jihlava die Künstler K. H. Strobl und E. Filek von Wittinghausen zusammen, die auch T. einluden. Sie trafen sich im Café Simander und benannten sie nach dem mythologischen Riesengeschöpf Midgardschlange. Mit ihren naturalistisch gestimmten Werken versuchten sie, auch jenseits der regionalen Grenzen den Durchbruch zu schaffen. Ihr Ziel bestand darin, mit Hilfe von Satire und Ironie die alten kleinbürgerlichen Gepflogenheiten und den Konservatismus zu überwinden. T. wurde stark vom Naturalismus geprägt, was in seinem Drama Der Herr Meister (1900) zum Ausdruck kommt, das inhaltlich und formal den Webern von G. Hauptmann (1892) oder dem Bartel Turaser von T.s Brünner Kollegen P. Langmann (1897) ähnelt. Er thematisierte darin die schlechten sozialen Verhältnisse, die schwere ausbeuterische Arbeit und die unterbewertete Stellung des Lehrerberufs. Wenngleich E. Filek zufolge T. das Drama zu einer Zeit schrieb, in der er die genannten Werke nicht kannte, ist die Inspiration an den angeführten Dramen offensichtlich; es handelt sich um einen regionalen Beitrag zur gesamteuropäischen literarischen Ausrichtung dieser Zeit. Die Premiere fand am 7.7.1900 in München am Deutschen Volkstheater statt und wurde nach acht Reprisen von der Zensur aus dem Repertoire gestrichen. In Jihlava war das Drama zur Zeit seiner Entstehung verboten, nach mehr als zwanzig Jahren wurde es vom dortigen Deutschen Kulturverband einstudiert, die Premiere fand anlässlich des 20. Todestages des Autors statt (2.6.1922).

Das zweite Drama T.s, das als Buch herausgegeben wurde, ist das Märchendrama Chryses, das eher neoromantische Züge aufweist, wenngleich es dem Theoretiker des Naturalismus, M. G. Conrad, gewidmet wurde. Es handelt sich um eine Liebesgeschichte mit einem tragischen Ende in fünffüßigen Jamben. Es ist nicht bekannt, ob das Drama eine Aufführung erlebte. Kurz vor seinem Tode arbeitete T. an einem Drama mit dem Titel Jung Ortlieb, von dem nur der 1. Akt entstand, der jedoch nicht erhalten geblieben ist.

T. ist ein typischer Vertreter eines lokalen, vom Naturalismus beeinflussten Autors. Sein Dramenschaffen scheint nur marginal gewesen zu sein, trotzdem bemühte sich T. der Korrespondenz mit M. G. Conrad nach zu urteilen verbissen, dass seine Dramen aufgeführt wurden. Wenn er später von seinen deutschen Landsleuten aus Jihlava erwähnt wurde, so geschah dies immer vor allem im Zusammenhang mit seinem ersten Theaterstück, das jedoch – wohl aus politischen Gründen – nicht besonders positiv aufgenommen wurde.

Stücke

Der Herr Meister, T. Dresden – Leipzig 1900, Prem. 7. 7. 1900 Deutsches Volkstheater München; Chryses, Märchendrama, T. Dresden – Leipzig 1901.

Quellen

MZA Brno: Fonds E 67 Matrikelsammlung, Sign. 6419 – Römisch-katholisches Pfarramt Jihlava, St. Jacobi, Geburtenmatrikel, Pag. 112 [Geburt der Katharina Salomon]; ebenda, Sig. 6482 – Römisch-katholisches Pfarramt Jihlava, St. Jacobi, Ehematrikel, Pag. 339 [Heirat Josefa Trübwasser und Katharina Salomon]; ebenda, Sign. 6523 – Römisch-katholisches Pfarramt Jihlava, St. Jacobi, Sterbematrikel, Pag. 156 [Tod des Josef Trübwasser].

Münchner Stadtbibliothek – Monacesia: Nachlass von M. G. Conrad, Sig. MGC B 1174 – 2560/90, 2561/90, 2562/90. 

Literatur

K. Strobl: Geschichte der Iglauer Ferial-Verbindung „Cimbria“ in den Jahren 18881898, Iglau 1898; Der Herr Meister von Josef Trübswasser, Die Gesellschaft, Bd. 1, München 1901 [Rezension zur Aufführung des Dramas Der Herr Meister]; F. Gruner: Neue Dramen, Literarische Warte (Berlin) 8, 1901 [Rezension des Dramas Der Herr Meister]; Chryses, Deutsche Wacht (Iglau) 1901 [Rezension des Dramas Chryses]; Deutsches literarisches Jahrbuch des Vereins „Deutsches Haus“ in BrünnMährische Dichter, Brünn 1902; Mährischer Grenzbote (Iglau) 5. 6. 1902; E. von Filek: Josef Trübswasser, Neue Bahnen (Leipzig) 1902, S. 449–450; J. Schmid-Braunfels: [Rezension des Dramas Chryses], Neue Bahnen (Leipzig) 1902, S. 96; [anonym]: Josef Trübswasser, Neue Bahnen (Leipzig) 1902, S. 375 ● Todesanzeige und Nachrufe: Mährischer Grenzbote (Iglau) 5. 6. 1902; Kürschners Literatur-Kalender auf das Jahr, Berlin 1902, Bd. 24, S. 1460 ● F. Dietrich – R. Dietrich: Bibliographie der Zeitschriftenliteratur, Bd. 11, Leipzig 1903, S. 306; L. Salomon: Festschrift anlässlich der 100 Semester-Feier der Iglavia, Iglau 1909; Mährischer Grenzbote (Iglau) 30. 5. 1922; Hans von der Igelau [H. Krcal]: Josef Trübswasser. Zum 20. Todestag am 3. 6. 1922, Mährischer Grenzbote (Iglau) 1. 6. 1922, S. 1–3; J. Blösl: Südmährens Dichter und Sänger, Nikolsburg 1926; A. Altrichter: Karl Hans Strobl. Ein Lebens- und Schaffensbild, Leipzig 1927 [andere Notiz über die Ankunft T.s in Jihlava: 1891]; O. Th. Trübswasser: Die Heimatdichtung des Iglauer Freundeskreises, Wien 1928; J. Mühlberger: Die Dichtung der Sudetendeutschen in den letzten 50 Jahren, Kassel – Wilhelmshöhe 1929; I. Göth (ed.): Aus dem Iglauer Dichtergärtlein, Plan bei Marienbad 1931, S. 68; W. Szegeda: Südmährisches Schrifttum, Znaim 1932, S. 34; K. Winkler: Literaturgeschichte des oberpfälzisch-egerländischen Stammes, Kallmünz 1938, S. 634; A. Altrichter: Josef Trübswasser. Zum 40. Todestage, Igelland (Iglau) 21. 6. 1942, S. 142–143; W. Neuwirth: Die Entwicklungsstufen des Iglauer Schrifttums, Igelland 4 (Iglau) 1942, S. 23; M. Reitter: Egid Filek, eine Monographie, Dissertation, Wien 1949, S. 23–24; [anonym]: Vom geistigen Schaffen im Igelland. Seine Anfänge – Dichter, Schriftsteller und Heimatforscher auf Iglauer Boden – Die Zeit von 1918 bis zur Austreibung – Fortsetzung in der Fremde durch das Heimatblatt, Mährischer Grenzbote (Heidenheim) 10. 1. 1955, S. 1–2; W. Nemetz: Streifzug durch die Iglauer Heimatdichtung. Allgemeines über die heutige Dichtkunst überhaupt, Mährischer Grenzbote (Heidenheim) 25. 10. 1964, S. 3.

https://limam.upol.cz/Authors/Detail/142

BBLÖ, Brümmer, DB, DBI, Friedrichs, Jaksch, Kleines Literaturlexikon, Kosch L, Nagl, Pillwein


Bildung: 2018

Autor: Knápková, Petra