Schubert, Alois

Alois
Schubert
um 1845
Mai 1922
(Lanškroun)
Theaterdirektor, Regisseur, Schauspieler

Er begann als Schauspieler, Mitte der 70-er Jahre gründete er eine eigene Theatergesellschaft, mit der er sich dann mehr als vierzig Jahre durch kleinere Städte in Mähren und Schlesien bewegte. Als Theaterdirektor achtete er auf die Qualität und die Aktualität des Repertoires, was seine Gesellschaft zu einem attraktiven und gefragten Ensemble machte.

Der älteste Bericht über S. stammt aus der Saison 1870/71, als er als Regisseur und Schauspieler in der Gesellschaft von S. Lingg in Šumperk tätig war. Anschließend sammelte er Erfahrungen im Ensemble von J. H. Treu, wo er Rollen junger Helden und Liebhaber spielte, letztmalig dann 1874/75 in Znojmo. Ab der nächsten Saison machte er sich selbstständig und leitete eine eigene Theatergesellschaft. Diese hatte im Durchschnitt fünfundzwanzig Mitglieder, ihr Territorium waren Mähren, Schlesien und Böhmen, oft kehrte sie nach Krnov, Šternberk, Šumperk oder Moravská Třebová zurück. Für die Sommermonate reiste S. ins schlesische Kurbad Freiwaldau (heute Jeseník) oder nach Lanškroun im Osten Böhmens in der Nähe der Landesgrenze zu Mähren. Er bereiste jedoch auch weitere kleinere Städte und machte auch um Mähren keinen Bogen, er spielte beispielsweise in Břeclav, Mikulov oder Hustopeče.

Als Theaterdirektor war S. sehr aktiv und hatte einen guten Überblick über die damalige Produktion. Für ihn stellen ebenso wie für andere Direktoren aus diesem Gebiet die Wiener Vorstadttheater eine Inspiration dar, deren neue Stücke er kurz nach den dortigen Premieren auf die Bühne brachte. Das Schauspielrepertoire richtete sich vor allem auf Lustspiele und Possen aus. In den siebziger Jahren führte er auch kurze Operetten auf (J. Offenbach, F. Suppé), ab den achtziger Jahren nahm er auch abendfüllende Operetten ins Repertoire auf (E. Eysler, L. Ascher, F. Lehár, E. Kálmán). Das Orchester, das zur Aufführung der Operetten notwendig war, wurde aus Mitgliedern von städtischen Kapellen angeheuert. Ihren Nachdruck auf aktuellem Repertoire bewahrte sich die Gesellschaft auch im folgenden Jahrhundert, als sich am Betrieb des Ensembles auch S.s Sohn Edvard beteiligte.

S. stammte offensichtlich aus einer Theaterfamilie, denn bereits zu Beginn seiner Laufbahn als Direktor nahm er seine Schwester Agnes und seinen Bruder Wilhelm in ein Engagement auf. Dieser war mindestens ab 1872 Mitglied des Ensembles des Lobetheaters Breslau. Die Schauspielerin Marie S., die in S.s Gesellschaft die Rollen komischer Alter übernahm und deren Name um die Abkürzung „sen.“ Ergänzt wurde, war höchstwahrscheinlich seine Mutter. Zu weiteren Mitgliedern seines Schauspielensembles zählten auch S.s Frau Marie und sein Sohn Eduard, der zuerst Kinderrollen spielte, als Erwachsener Regie führte und spätestens ab 1905 das Ensemble zusammen mit dem Vater leitete. Später wurde die familiäre Basis noch breiter; in der Saison 1906/07 tauchen hier die Namen Betty S., Robert S. und Paula S. auf. Zur selben Zeit führte im Ensemble neben den Direktoren Schubert auch A. Roberti (Possen und Operetten) Regie, der später in Schuberts Familie einheiratete. Nach S.s Tod übernahm sein Sohn Eduard die Gesellschaft. Unter seiner Leitung trat das Ensemble kurz unter der Bezeichnung Mährisch-schlesische Tournee auf, später dann, 1923, wurde es in Schubert-Bühne umbenannt. Als Eduard Schubert 1939 in Wien starb, wurde die Gesellschaft von seinen Neffen Tino Louis und Edi Schubert-Roberti übernommen.

Bereits am Beginn seiner Laufbahn stellte S. ein deutliches schauspielerisches Talent unter Beweis, wovon auch sein Wirken bei bedeutenden Theatergesellschaften zeugt. Hier erlangte er dann ebenfalls wertvolle Erfahrungen bezüglich des Betriebs und der Leitung eines Theaterensembles. Die gesamten knapp vierzig Jahre seines Wirkens über konnte S. das hohe Niveau seines Ensembles halten, auch im Hinblick auf die aktuelle Zusammensetzung des Repertoires, was ihm ein stetes Interesse des Publikums sicherte.

Stationen der Gesellschaft von Alois Schubert

1874 Rýmařov (Römerstadt); 1875 Šumperk (Mährisch Schönberg), Moravská Třebová (Mährisch Trübau); 1876 Svitavy (Zwittau), Bruntál (Freundenthal), Židlochovice (Seelowitz), Mikulov (Nikolsburg); 1877 Šumperk, Šternberk; 1878 Šumperk, Moravská Třebová; 1879 Rýmařov, Moravská Třebová; 1879/80 Bruntál; 1881 Uničov (Mährisch Neustadt), Mohelnice (Müglitz), Moravská Třebová; 1881/82 Krnov (Jägerndorf), Frývaldov (Freiwaldau, heute Jeseník); 1882/83 Moravská Třebová; 1883 Šumperk, Hodonín (Göding), Břeclav; 1884 Hustopeče (Auspitz), Pohořelice (Pohrlitz), Šumperk, Svitavy; 1885 Šternberk (Sternberg), Lanškroun (Landskron); 1886 Hranice (Mährisch Weißkirchen); 1887 Šumperk, Bruntál; 1888 Šumperk, Bruntál; 1889 Bílovec (Wagstadt); 1891 Frývaldov, Skorošice (Gurschdorf), Lipová-lázně (Nieder Lindewiese), Lanškroun; 1892 Vrbno pod Pradědem (Würbenthal); 1892/1893 Šternberk, Lanškroun, 1893/94 Šternberk, Červená Voda (Rothwasser), Lanškroun; 1894/95 Šternberk, Lanškroun, Frývaldov; 1895/96; Šternberk, Frývaldov; 1896/97 Šternberk, Lanškroun; 1897/98 Bílovec, Lanškroun; 1897 Šumperk; 1898/99 Hranice; 1899/1900 Hranice; 1900/01 Hranice, Svitavy; 1901/02 Hranice; 1903/04 Frývaldov; 1905 Šumperk; 1905/06 Moravská Třebová; 1906/07 Šumperk, Svitavy, Vítkovice (Wittkowitz); 1907/08 Svitavy, Moravská Třebová; 1908/09 Šternberk; 1909 Moravská Třebová; 1909/10 Svitavy; 1910/11 Moravská Třebová, Rýmařov; 1911/12 Svitavy, Krnov; 1912 Moravská Třebová; 1912/13 Krnov; 1913/14 Krnov; 1915/16 Šternberk; 1916/17 Krnov; 1917/18 Krnov; 1917 Moravská Třebová; 1918 Moravská Třebová; 1919 Svitavy; 1919/20 Šternberk; 1920 Moravská Třebová; 1921 Moravská Třebová.

Rollen

Roqueville (V. Sardou: Fernande) – 1875; Cacolet (H. Meilhac, L. Halévy: Tricoche a Cacolet) – 1877; Professor Birke, Chorist Brüller (C. Costa: Ein Blitzmädel) – 1879.

Quellen

SOkA Bruntál mit Sitz in Krnov: Fonds Kreisamt Bruntál, Kart. 146, Inv.-Nr. 516, Sign. J (Gesuch vom 20.1.1887, Aufstellung des Repertoires und der Ensemblemitglieder).

SOkA Šumperk: Fonds Stadtarchiv Šumperk, Kart. 703, Inv.-Nr. 1668 (Repertoire der Gesellschaft in Šumperk in der Saison 1877/1878).

Literatur

Deutscher Bühnen-Almanach (Berlin) 35, 1871, 369–370; 36, 1872, 278−279; 44, 1880, S. 108−109; 46, 1882, S. 169–170; 49, 1885, S. 495–496; 54, 1890, S. 62−64; 55, 1891, S. 257−258; Das Echo, zur Unterhaltung für geselliges Leben (Krnov) 4. 8. 1872 (Erwähnung einer Benefizveranstaltung des Kapellmeisters Eduard Schubert, die am 8. August 1872 in Krnov stattfand und in deren Rahmen ein großes Konzert und eine Vorstellung stattfanden, in der die Sängerin und Schauspielerin Agnes Schubert sowie Wilhelm Schubert, damals noch Schauspieler am Lobetheater Breslau, auftraten); Nikolsburger Wochenschrift für landwirtschaftliche, gemeinnützige Interessen und Unterhaltung 21. 10. 1876, 28. 10. 1876; Nikolsburger Wochenschrift 15. 6. 1938; Mährisch-schlesischer Correspondent (Brno) 2. 1. 1884, 31. 7. 1884; Neuer Theater-Almanach (Berlin) 1, 1890, s. 43; 6, 1895, s. 405; 24, 1913, s. 480; 25, 1914, s. 495; Jägerndorfer Zeitung 8. 12., 28. 11., 2. 12. 1909, 16. 12. 1909, 10. 2., 6. 2. 1910, 11. 11. 1909, 30. 1. 1910; Neuer Bühnen-Roland Fachblatt für reisende Theaterunternehmen und Schauspieler (Karlovy Vary) 15. 6. 1922 (Nachruf); M. Havlíčková – S. Pracná – J. Štefanides: Německojazyčné divadlo na Moravě a ve Slezsku 3/3 [Das deutschsprachige Theater in Mähren und Schlesien 3/3], Olomouc 2014, S. 113, 114, 117, 118, 166, 169, 176−178, 187, 198, 204, 206, 215, 218, 225, 226, 237, 241, 242, 244, 251, 254, 255, 290; S. Pracná: Městské divadlo v Krnově v letech 1854−1944 [Das Städtische Theater in Jägerndorf in den Jahren 1854-1944], Olomouc 2019.


Bildung: 2020

Autor: Lukáš, Miroslav