Andreas
Scutta
vor 30. 11. 1806
24. 2. 1863
Prag
Schauspieler, Sänger, Komponist

Ausgebildet als Chorsänger in Wien, 1825 – 1826 engagiert als zweiter Tenorist am Landestheater in Linz. Im Theater in der Leopoldstadt spielte er komische Rollen, vor allem in den Premieren Nestroy´scher Possen. 1852 im Ensemble des deutschen Schauspiels des Ständetheaters Prag engagiert. Zusammen mit Franz Feistmantl und Karl Dolt bildete er ein beliebtes Komikertrio (Raimund: Der Alpenkönig und der Menschenfeind, Scutta als Habakuk). Komponierte die Musik zu Zauberstücken, Possen und Parodien (Robert der Wau Wau).

Auch Skutta. Sohn des Schneidermeisters und späteren „Postwagenkondukteurs“ Johann Scutta und der Köchin Johanna, geb. Weidner. 1819–1822 besuchte er das Wiener Schottengymnasium und wurde, nach Gesangsausbildung am Wiener Musikinstitut des Grafen Pálffy, Chorist am Theater an der Wien und am Kärntnertortheater, 1825/26 am Grazer ständischen Theater (das seit 1823 von dem ehemaligen Prager Sänger und späteren Theaterdirektor Johann August Stöger geleitet wurde). In der Saison 1826/27 war er als Zweiter Tenor am Linzer Landestheater (Debüt als Aaron in Rossinis Moses in Ägypten) und 1827–1829 als Erster Tenor am Stadttheater Agram [Zagreb] engagiert. 1829 beschädigte er krankheitsbedingt seine Stimme und wechselte ins Fach des Zweiten Komikers über.

Nach Stationen in Laibach [Ljubljana] und Klagenfurt gehörte er ab 1830 dem Stadttheater Lemberg [L’viv] an, dessen Direktion der Schauspieler Georg Palmer angetreten hatte (eigentlich Frall, 8. 3. 1797 Wien-Thury – 9. 9. 1830 Lemberg,). S. spielte in Lemberg Zweite Komikerrollen, übernahm aber auch kleinere Gesangspartien (z. B. den Paul in J. Weigls Singspiel Die Schweizer Familie); ein Korrespondentenbericht bezeichnet ihn als „tüchtig gebildeten Sänger für untergeordnete Partien“. Für Lemberg sind auch S.s erste (?) Bühnenkompositionen (Duette und Ouvertüren) bezeugt. Nach seiner Heirat im Februar 1831 mit Josefine, geb. Demmer (19. 9. 1795 Frankfurt a. M. – 22. 12. 1863 Wien), der Witwe Palmers, ging er mit dieser nach Wien. Noch 1831 wurde das Ehepaar S. von Direktor Franz v. Marinelli an das Theater in der Leopoldstadt engagiert. Unter Marinellis – bzw. (ab 1838) Carl Carls – Direktion spielte S. bis zu seinem Weggang 1845 Komikerrollen im lokalen Zauberstück (u.a. den Florian Waschblau in  Raimunds Der Diamant des Geisterkönigs) und wirkte auch in Uraufführungen von Possen  Nestroys mit: 1843 als Sanfthuber in Nur Ruhe!, 1844 als Ignaz Stimmstock in Eisenbahnheirathen und 1845 als Baumöl in Das Gewürzkrämer-Kleeblatt. Die zeitgenössische Kritik betrachtete ihn bereits nach seinen ersten Auftritten als Verstärkung des Ensembles, wobei seine Darstellung des Schneiders Zwirn in Nestroys Der böse Geist Lumpacivagabundus und vor allem als Partner von Nestroy und Louis Grois im Quodlibet des Gewürzkrämer-Kleeblatts einhellig gelobt wurde.

Daneben setzt S. am Theater in der Leopoldstadt seine kompositorische Tätigkeit intensiv  fort. Er schrieb, noch 1831 mit einer Ouvertüre zu Johann Fenzls komischer Parodie Der Zauberdrache beginnend, die Musik zu über 30 Zauberspielen, Parodien und Possen (u.a. von Johann K. Schickh, Carl Wilhelm Brabbée, Daniel Reibersdorffer, Franz Xaver Told und Johann Eduard Gulden); seine „großentheils melodiöse Musik“ zu Schickhs  Robert der Wau Wau, einer der zahlreichen Parodien auf Meyerbeers Oper Robert der Teufel, wurde als das Beste am ganzen Stück bezeichnet. Besonders hervorzuheben ist seine Musik zu Nestroys Lokalposse Eisenbahnheirathen (UA 3. 1. 1844 am Theater an der Wien, fast 60 weitere Aufführungen), da sie in die Zeit von Nestroys vorübergehendem Wechsel von seinem bisherigen Hauptkomponisten Adolf Müller zu anderen Komponisten, Michael Hebenstreit und S., fällt. Die Presseberichte von der Uraufführung nehmen mit Urteilen wie: „Die Musik des Herrn Skutta führt diesen Namen verdienter, als so viele And‘re, zu so vielen andern Nestroy’schen Stücken“ (Sonntagsblätter 7. 1. 1844) offensichtlich darauf Bezug.

Als Carl Carl 1845 sein Ensemble verkleinern musste, verließ S. das Theater in der Leopoldstadt (seine Frau trat in diesem noch bis 1861 zumeist in Nebenrollen auf) und ging wahrscheinlich nach Deutschland (am 28. 7. 1845 wurde ihm von Wien aus ein Reisepass nach „Preussen“ ausgestellt). 1848–1850 spielte er am Ständischen Theater in Klagenfurt Erste komische Rollen, hierauf komische Lokalgesangspartien am Stadttheater von Fünfkirchen [Pécs, Ungarn], bis ihn Johann August Stöger, der neue Direktor des Prager Ständetheaters, 1852 an diese Bühne berief. Er debütierte als Habakuk in Raimunds Der Alpenkönig und der Menschenfeind und bildete zusammen mit Franz Feistmantl und Karl Dolt ein überaus beliebtes Komikertrio, das in Possen und Zeitstücken mit Musik (S. war auch für Gesangsrollen engagiert) auftrat. Von Feistmantl übernahm S. 1859 die Rolle des deutschen Burschen Jirka /Görge in Štěpáneks tschechisch-deutschen Schauspiel Čech a Němec, das vom tschechischen Ensemble im Ständetheater gespielt wurde (mit Feistmantl bereits 1825). Stücke mit seinen Kompositionen wurden z.B. auch in Brünn häufig gespielt. Für Prag ist lediglich die parodistische Posse Othellerl, der kulturhistorische Mohr mit Gesang, Tanz, Aufzügen und Feuerwerk in 3 Acten von Johann Carl Hickel, aufgeführt am 9. 7. 1853 im Sommertheater im Pstroß-Garten, bezeugt.

Weitere Kompositionen (Auswahl)

Musik zu J. Schickh: Amintha und Odiosa (Zauberspiel, UA 2. 7. 1832 Theater in der Leopoldstadt) und Die Lokalsängerin (Posse, UA 19. 10. 1839 Theater in der Josefstadt). – D. Reibersdorffer: Der Wasserfall im Feenhain (Posse, UA 12. 9. 1835 Theater in der Leopoldstadt; Partitur im Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien). – Partituren in der Musiksammlung der Österr. Nationalbibliothek, Wien:  F. X. Told: 48 Stunden in Baden (UA 18. 3. 1834 Theater in der Leopoldstadt); J. Schickh: Adhelaide (Lebensbild, UA 4. 9. 1834 Theater in der Leopoldstadt); W. Brabbée:  Der Ehefeind (Posse, UA 23. 10. 1840 Theater in der Leopoldstadt); J. Schickh: Philadelphia (Posse, UA 12. 12. 1840 Theater in der Josefstadt); J. Nestroy: Eisenbahnheirathen (Posse, UA 3. 1. 1844 Theater an der Wien);  Friedrich Hopp: D.B.W.G. [Der Bock ward geschossen] oder Die Jägermädchen (Posse, UA  11. 1. 1845 Theater in der Leopoldstadt). Siehe auch Lit., bei Hadamowsky, Stieger und RISM.

Quellen

Pfarre Am Hof (Matriken in der Pfarre St. Michael, Wien; Trauung von Johann S.), Pfarre St. Stephan (Taufe von Andreas S., Wien). – Archiv der Universität Wien. – Mitteilung Jitka Ludvová, Prag.

Periodika

Allgemeine Theaterzeitung und Originalblatt für Kunst [Wien], Jg. 23, 1830, S. 313f., 610, 614, Jg. 24, 1831, S. 100, 116, 146, 319, 552. – Laibacher Zeitung 4. 3. 1830. – Almanach für Freunde der Schauspielkunst, hrsg. L. Wolff, Jg. 9ff., 1845ff. – Theater-Almanach des k.k. Ständetheaters Prag auf das Jahr 1853ff. – Bohemia 26. [Nekrolog], 28. 2. [Begräbnis], 1. 3. 1863 [Anzeige: Danksagung des Regisseurs des Königl. Landestheaters]

Literatur

O. Teuber: Geschichte des Prager Theaters, III 3, 1888, S. 427, 480, 495, 521f., 864

F. Hadamowsky: Das Theater in der Wiener Leopoldstadt  1781 – 1860 (Bibliotheks- und Archivbestände  in der Theatersammlung der Nationalbibliothek), 1934., s. Reg.

H. A. Mansfeld: Wiener Theaterleute auf Wanderschaft, in: Jahrbuch der Gesellschaft für Wiener Theaterforschung, Bd. 11, 1959, S. 155

E. Hilmar: Die Nestroy-Vertonungen in den Wiener Sammlungen, in: Maske und Kothurn, Jg. 18, 1972, H. 1-2, S. 84–85

O. Rudan: Die Schauspieler und Sänger am Ständischen Theater in Klagenfurt 1810–1868, 1973, S. 26, 46f.

Johann Nestroy. Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe, s. Registerband, 2010

BLGBL, Eisenberg, Grove-music, HLW, Hoftheater - Katalog, Kosch Th, OeML, ÖBL, Stieger, RISM, Ulrich, Wurzbach; Wurmová


Bildung: 15.10.2013

Autor: Reitterer, Hubert