Glöggl, Josef

Josef
Glöggl
11. 3. 1799
Linz (A)
8. 5. 1858
Lwow (UA)
Direktor, Schauspieler, Regisseur

Theaterdirektor und Opernregisseur, der in einer Reihe von Theatern in den österreichischen Ländern wirkte. In der Saison 1842/43 war er Direktor des Theaters in Znojmo, in den Jahren 1843–49 leitete er das Brünner Stadttheater. Mit Sparmaßnahmen gelang es ihm, die Bühne finanziell zu stabilisieren, jedoch auf Kosten des künstlerischen Niveaus.   

Geschrieben auch Glöggel. Er stammte aus einer musikalischen Familie aus Linz, sein Vater Joseph Glöggl war Kapellmeister im dortigen Theater, sein Großvater Johann Joseph Glöggl Musiker und Tanzmeister. Zusammen mit seinem Bruder Franz Glöggl debütierte G. als Schauspieler an seinem Geburtsort. Die Geschwister spielten zusammen 1823/24 in Brünn, in der Saison 1829/30 hatten sie das Theater in Ljubljana (Laibach) angemietet, danach trennten sich ihre Wege. G. war 1830–38 Direktor des Theaters in Salzburg, ab Mai 1835 kam noch die Arena in Bad Ischl für den Sommerbetrieb hinzu. Nach einem kurzen Aufenthalt in Wien leitete er das Theater in Ljubljana (Saison 1839/40), 1841 war er Direktor des Theaters in Zagreb (Agram). Im folgenden Jahr (1842) bewarb sich G. um das Theater in Klagenfurt, doch ohne Erfolg, unmittelbar darauf begab er sich nach Znojmo, wo er in der Saison 1842/43 als Direktor wirkte.

Im Frühjahr 1843 war er einer der Interessenten für die Direktorenstelle des Stadttheaters in Brünn. In der Konkurrenz zu Theaterdirektor J. Lingg aus Krnov und zu Direktor K. F. Burghauser in Olmütz konnte er das Verfahren für sich entscheiden, denn er war in der Lage, die Antrittskaution in Höhe von 1.000 Gulden zu hinterlegen. Das Budget des Theaters war beschränkt, eine Hinterlassenschaft von G.s Vorgänger W. Thiel, der sich beim Rat der Stadt stark verschuldet hatte. Trotz allem leitete G. das Theater ohne die Notwendigkeit, den Magistrat um finanzielle Erleichterungen zu ersuchen. Er senkte die Eintrittspreise, wobei er Handwerker aus den Brünner Vorstädten und Bauern aus der Umgebung ins Theater brachte. Kurz nach seinem Amtsantritt im Sommer 1843 strich er die tschechischen Vorstellungen, die Thiel eingeführt hatte. Die von Thiel errichtete Sommerarena im Augarten wurde nur minimal genutzt, 1845 riss man sie ab. G.s Investitionen konzentrierten sich eher auf die Innengestaltungen des städtischen Theaters auf dem Krautmarkt: 1844 ließ er den Zuschauerraum renovieren sowie die Logen modernisieren und neu dekorieren. Im Laufe der Rekonstruktion funktionierte das Nottheater im Redutensaal. 

Im Repertoire dominierte die Oper, bei der der Direktor Regie führte. Doch auch hier machten sich anfangs die Sparmaßnahmen bemerkbar: um an der Ausstattung zu sparen, ging G. zu einer konzertanten Aufführung der Opernszenen über. Einer der Theaterreferenten wunderte sich darüber, dass der Druidenchor aus einer nicht genannten Oper in Fracks sang, die durch rote Krawatten ergänzt wurden. Es wurde immer noch die italienische Grand Opera gespielt, u. a.  Donizetti (Marie oder Die Regimentstochter, Prem. 10.8.1843; Linda von Chamonix, Prem. 28.12.1844; Don Pasquale, Prem. 7.2.1845) und Lortzings Singspiele. 1848 führte G. die Oper Hernani von dem damals noch unbekannten G. Verdi auf. Das Schauspiel leitete ein langjähriges Mitglied des Theaters und spätere Direktor A. Balvansky, im Repertoire überwogen v. a. Komödien und Possen, oft französischer Herkunft. Großer Beliebtheit erfreuten sich die Stück von J. N. Nestroy, der in Brünn selbst als Gast auftrat, und zwar in den Saisons 1846/47 (13 x) und 1847/48 (5 x). Im Juni 1843 gastierten hier J. Rettich und K. Rettich vom Wiener Burgtheater, im März 1846 gab F. Liszt hier ein Klavierkonzert, im Januar 1847 C. Schumann. Zum zweihundertsten Jubiläum der erfolgreichen Verteidigung der Stadt vor den Schweden im Dreißigjährigen Krieg (15.8.1645) schrieb G. einen Wettbewerb für ein Theaterstück aus, das eine Ode auf dieses Ereignis sein sollte. Es siegte der Professor der Wiener Orientalischen Akademie und spätere Abgeordnete des Reichstages E. M. Selinger mit dem Stück Der Treue Macht (auch Macht der Treue), die Premiere fand am Tag des Jubiläums statt (15.8.1845, Reprise 17.8.1845). Im Laufe des Direktorats von G. tauchten regelmäßige Berichte über Brünner Vorstellungen in den Blättern Brünner Zeitung und Moravia auf.

1849 beantragte G. die Erneuerung des Pachtvertrages, doch er wurde von A. Balvansky, seinem ehemaligen Mitarbeiter, abgewechselt. Nach seinem Weggang aus Brünn bewarb er sich um die Theater in der Wiener Josefstadt und in Pest, in der Saison 1850/51 wurde er Direktor des Theaters in Klagenfurt. In den folgenden Saisons 1851/52 bis 1853/54 leitete er die Theater in Pressburg (heute Bratislava), im Frühjahr 1855 ging er nach Lwow in Galizien, wo er Direktor des k. k. Gräflich Skarbekschen Theaters wurde und gleichzeitig als Redakteur der dortigen Zeitung Lemberger allgemeiner Anzeiger wurde. Er starb in Lwow im Alter von 58 Jahren.
G. gelang es, innerhalb seiner sechsjährigen Leitung das Theater in Brünn finanziell zu stabilisieren, doch das künstlerische Niveau der Bühne litt darunter. Partielle Erfolge von Thiels ambitioniertem Programm wurden von G. schrittweise gestrichen, und mit seinen drakonischen Maßnahmen und sein rücksichtsloses Verhalten brachte er die Schauspieler, durch die Streichung der tschechischen Vorstellungen einen Teil der Zuschauer und schließlich auch den Stadtrat gegen sich auf.

Seine Frau Johanna Glöggl († nach 1858) kümmerte sich im Unternehmen ihres Mannes vor allem um die Finanzen. Sein älterer Bruder Franz Joseph Glöggl (1.1.1797 – nach 1832) war Schauspieler, Sänger (Tenor) und Theaterdirektor. Nach der Beendigung der Zusammenarbeit mit G. war er Direktor der Theater in Ljubljana und Trieste. 

Quellen

AMB: A1/22 – 1704, 49/39, Karton 305–306 (Anmietung des städtischen Theaters und des Saals in der Reduta durch J. Glöggl).

SOkA Znojmo: 162/V, Karton 173, f. 335–336 (Vorschriften zu Komödianten, Theatern und weiteren öffentlichen Produktionen).

Literatur

Wiener Theater Zeitung 13. 5. 1835; Der Humorist (Wien) 1. 7. 1843, 2. 4. 1844, 28. 5. 1844, 21. 6. 1851; Allgemeine Theaterzeitung: Originalblatt für Kunst, Literatur, Musik, Mode und geselbiges Leben; 19. 8. 1845; Almanach für Freunde der Schauspielkunst, Berlin 1845, T. [1], S. 291; 1846, T. [2], S. 87–90; 1848, T. [2], S. 95–97; 1849, T. [2], S. 73; Deutscher Bühnen-Almanach, Berlin 1856, T. [1], S. 267; 1858, T. [1], S. 243 [Ehefrau Johanna] ● Todesfälle und Nekrologe: Neue Wiener Musik-Zeitung 13. 5. 1858; Deutscher Bühnen-Almanach, Berlin 1859, T. [1], S. 248 ● A. Rille: Die Geschichte des Brünner Stadt-Theaters 1734–1884, Brünn 1885, S. 140–149; G. Bondi: Geschichte des Brünner deutschen Theaters 1600–1925, Brünn 1924, S. 14–15; A. Vrbka: Gedenkbuch der Stadt Znaim 12261926, Nikolsburg 1927, S. 315; L. F. Schoenwald: Vor 100 Jahren. Das Salzburger Stadttheater im Todesjahr Ferdinand Raimunds, Salzburger Chronik 27. 10. 1936; Das kleine Volksblatt (Wien) 27. 5. 1944 [Aufführung des Faust]; Vondráček II., S. 396–397; J. Trojan: Opera v Brně v první polovině 19. století [Die Oper in Brünn in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts], Opus Musicum 27, 1995, Nr. 4, S. 183–185; K. Goedeke: Grundriss zur Geschichte der deutschen Dichtung, Bd. XII. Berlin 2011, S. 392; M. Havlíčková – S. Pracná – J. Štefanides: Německojazyčné divadlo na Moravě a ve Slezsku 1/3, Ředitelé městských divadel [Das deutschsprachige Theater in Mähren und in Schlesien 1/3, Die Direktoren der städtischen Theater], Olomouc 2011, S. 114.

OeML [Stichwort Glöggl (Glökl, Glöckl, Glökel, Klöckl), Familie], Ulrich; Wurmová


Bildung: 2018

Autor: Škrobánková, Klára